Die Wahrheit über Minneapolis 1888
MINNEAPOLIS 1888
W.Meyer STA-Prediger
2. Auflage
1976
Augenzeugen-Berichte und Kommentare über die bedeutsame GK in der
Geschichte der
S.T.Adventisten
Vorwort
Die in dieser Schrift dargelegten Gedanken entstammen nicht den Überlegungen einer einzelnen Person. Des Öfteren in der Geschichte des Adventvolkes fühlten sich Männer gedrungen, sich zu der im Jahre 1888 stattgefundenen General-Konferenz von Minneapolis zu äußern. Die Meinungen gingen dabei oft weit auseinander. Aufgabe der vorliegenden Studie soll es sein, die wichtigsten dieser Stimmen zusammenzutragen, gegenüberzustellen und miteinander zu vergleichen. Die Tatsache, dass uns dieses Thema bis heute keine Ruhe lässt, sollte jedem Adventisten Anlass genug sein, diese wichtigste Phase unserer Geschichte zu überprüfen.
KAPITELVERZEICHNIS
EINLEITUNG
Eine
bedeutsame Konferenz
Schwerer Widerstand
Die Ursachen
Eine Gelegenheit
für das Volk
Bekenntnis
Wie A.T.Jones es sieht
Was wurde aus Waggoner
und Jones?
1901,Keine innere Wende
Weitere Zeugen
Die Sünden der
Väter
Kräftige Irrtümer
Die Reise des Volkes Israel von Ägypten in das „Gelobte Land” dauerte viel
länger, als sie erwarteten. Bei Kades-Barnea, vor den Toren Kanaans, entschied
es sich, dass Israel - um seines Unglaubens willen - noch vierzig Jahre in der
Wüste bleiben musste.
Von den zwölf Kundschaftern gaben alle, außer zweien,
einen negativen und entmutigenden Bericht ab. Gottes Macht und Führung außer
Acht lassend, malten sie dem Volke auf übertriebene Weise die Schwierigkeiten
vor Augen, die der Einnahme des ihnen von Gott verheißenen Landes
entgegenstünden. Riesen seien dort, große befestigte Städte und ein starkes
Volk. Da erhob sich Israel im Unglauben wider Gott, wider Mose und wider den
guten Bericht des Josua und Kaleb und entschied sich, nicht nach Kanaan
einzuziehen. Die daraus folgende vierzigjährige Wüstenwanderung ist wohl
jedermann bekannt.
Doch das alles wurde geschrieben als Vorbild und Warnung für uns heute, auf die das Ende der Welt gekommen ist. (l.Kor. 10,11) Das sich auf dem Wege zum himmlischen Kanaan befindende Adventvolk hat nicht nur generell, sondern in vielen bemerkenswerten Einzelheiten erstaunliche Parallelen zum Volke Israel*. Zum Beispiel: Das alte Israel hätte viel eher in Kanaan sein können. - Dem Adventvolk wurde bereits um die Jahrhundertwende gesagt, dass Christus schon "ehedem” hätte kommen können, wenn es treu gewesen wäre. 6 Testimonies 450, Desire of Ages 633
Wenngleich das Volk Israel seinen Unglauben über eine längere Zeit hinweg bekundete (zehnmal hatten sie den Herrn schon versucht - 4.Mose 14,22), so ist der Grund für die Verzögerung der Inbesitznahme des verheißenen Landes besonders in ihrem Verhalten bei Kades-Barnea zu suchen. Hätten sie hier Glauben geübt, so wären sie zu "seiner Ruhe” eingegangen. So auch wir. Kades-Barnea hat sich in der Geschichte des Adventvolkes auf ähnliche Weise durch „die schreckliche Erfahrung der Minneapolis*-Konferenz” (E.G. White) im Jahre 1888 wiederholt.
Das Schreckliche an dieser General-Konferenz war, dass dem Adventvolk eine
Botschaft vorgestellt wurde, von der die Dauer seines Verbleibens auf dieser
Erde abhing. An der Einstellung gegenüber jener göttlichen Wahrheit sollte sich
entscheiden, ob das Werk Gottes auf Erden damals schon in aller Kürze beendet
werden konnte oder ob es sich noch jahrzehntelang dahinschleppen würde. Satan
„weiß, dass er wenig Zeit hat”. Deshalb arbeitete er in der Stunde, als Gott
sein Volk heimholen wollte, besonders daran, es „auf eine lange Reise zu
führen”, auf dass es wegen Widersetzlichkeit noch viele Jahre in dieser Welt
bleiben müsste. Diese von E.G. White ausgesprochene Befürchtung hat sich
buchstäblich erfüllt. Seit jener Zeit sind viele Jahre mit schrecklichen Kriegen
und unermesslichem Elend ins Land gegangen, ohne dass wir unser Ziel
erreichten.
*Siehe folgende engl. Zeugnisse: 5T 217, 728, 456, 75, 76, IT
609
*Minneapolis ist eine Stadt in den USA, in der 1888 die STA-General-Konferenz
stattfand.
Schon seit Jahrzehnten verkündigen wir die baldige Wiederkunft
Christi. Wenn uns nun das klare Zeugnis vor Augen geführt wird, dass „wir” schon
1888 vor den Toren des himmlischen Kanaans standen, so sollten wir die
Hindernisse zu ergründen suchen, derentwegen wir nicht zu "seiner Ruhe” kommen
konnten. Welche "Riesen” sind es, die uns daran hindern, den Spätregen zu
empfangen? Welche "festen Städte” sind es, die unseren Eingang in das uns
verheißene Land hindern? Wer sich ernstlich diese Frage stellt, kann in
Wirklichkeit nur zu einer Antwort kommen: Die Sünde! Zwar singen wir "...wenn
wir ziehn, von Sünde frei und rein, in das gelobte Kanaan ein”; doch leider
glauben wir kaum noch, dass die in der Bibel geweissagte Freiheit von jeglicher
Sünde in diesem Leben erreichbar ist. Das ist es, was wir im tiefsten Herzen in
Wirklichkeit nicht glauben. Und doch ist es die Grundbedingung, um überhaupt
einziehen zu können. Die Macht Gottes außer Acht lassend, welche sehr wohl
imstande ist, unsere Herzen in solch einen Zustand zu versetzen, verharren wir
im "Unglauben”. Statt des Wortes Gottes, das uns deutlich sagt, dass es möglich
ist und wie es möglich ist, haben wir unsere eigene, negative Erfahrung, welche
uns "beweist”, dass es nicht möglich sei, jede Sünde zu überwinden, als
„Glaubensrichtschnur” angenommen.
Dieser Einstellung, welche nichts als Unglaube ist, standen in Minneapolis ein Josua und ein Kaleb gegenüber. Sie verwiesen auf die Gerechtigkeit Christi, durch die wir alles zu tun vermögen. Es ist lediglich die eigene Gerechtigkeit, mag sie sich auch als „Glaubensgerechtigkeit” ausweisen, welche das zu bezweifeln sucht, denn sie kennt weder die Schrift noch die Kraft Gottes. In Minneapolis standen diese beiden von Gott gesandten Boten - E.J. Waggoner und A.T. Jones - auf und predigten eine Erlösung von Sünde und vom Sündigen, wie sie nur der Allmächtige durch Jesus Christus geben kann. Unser Kades-Barnea war es, diese Botschaft durch denselben Unglauben zu verwerfen, den die Israeliten zeigten. Das Gefährliche ist heute, dass die meisten von uns gar nicht wissen, dass es überhaupt geschehen ist.
Diese Schrift möchte nicht so sehr die Wahrheit von Minneapolis, sondern die
Wahrheit über Minneapolis behandeln, denn die letztere ist heute genauso
umstritten wie die erstere. Wie können wir je die Wahrheit von Minneapolis
lieben und verstehen, wenn wir nicht einmal bereit sind, die Wahrheit über
Minneapolis anzuerkennen. Damals, in den ersten Jahren nach Minneapolis,
„hätte”, nach den Worten der Prophetin, der laute Ruf "wie ein Lauffeuer durchs
Stoppelfeld” in alle Welt gehen können. Es sollte einen jeden Adventgläubigen
brennend interessieren, warum es bis heute nicht geschehen ist.
Ehe das
endzeitliche Volk Gottes zur himmlischen Ruhe eingehen kann, muss es seine
eigene Geschichte richtig beurteilen lernen. Es muss in Demut und
Selbsterkenntnis die negativen Seiten zugeben und die richtigen Schlüsse für die
Gegenwart ziehen. Dass die Folgen dieser "entscheidendsten aller
General-Konferenzen” unserer gesamten Geschichte (L.E. Froom) einmal in der
ganzen Reichweite erkannt werden, hat E.G. White geweissagt. Das muss geschehen,
ehe die letzte große Erweckung kommen kann, welche der Inbesitznahme des
himmlischen Kanaans vorausgeht.
Alle Kirchen wollen eine Erweckung, doch die wahre, von Gott gesandte
Erweckung kommt erst, wenn die Fehler der Vergangenheit bereut, freimütig
bekannt und ihre Folgen eingesehen und überwunden werden. Möge sich das
Adventvolk fortan entschieden weigern, irgendeinem der vielen, heute schon
typischen Aufrufe zur Erweckung - es spielt keine Rolle, von wo er kommen mag -
Folge zu leisten, wenn er nicht auf echte Reue gegründet und vom Eingeständnis
der Schuld begleitet ist. Persönliches Sündenbekenntnis ist wichtig für den
einzelnen, das Volk als solches jedoch muss sich zu einem offenen Bekenntnis der
Gemeindesünden durchringen. Wenn auf diese Weise sichtbar wird, wie der alte
Gemeindestolz von Laodizea im Staube liegt, wird der Gott der Demütigen
aufstehen und mächtig für sein Volk wirken können. Sobald wir erkennen, was in
Minneapolis und den darauffolgenden Jahren geschah, werden wir die Botschaft,
die dort an uns erging, umso besser erkennen und schätzen.
Um uns selbst und
die Lage, in der wir heute sind, verstehen zu können, müssen wir den Mut
aufbringen, auch unangenehme geschichtliche Tatsachen unbeschönigt und
verwässert gelten zu lassen. Eine Verkennung unserer eigenen Geschichte, in der,
von 1844 abgesehen, wohl die Geschehnisse der Jahre 1888 bis 1893 von
überragendster Bedeutung sind, kann in der Tat einer Weichenstellung
gleichkommen, durch die wir auf ein falsches Geleise gelangen.
Das in dieser Broschüre zusammengetragene geschichtliche Material soll dem deutschsprechenden Leser, vielleicht zum ersten Mal, auf umfassende Weise einen objektiven Einblick in das gewähren, was vor 85 Jahren im Adventvolk wirklich vor sich ging. Wenn uns dabei manches schmerzhaft durchs Herz geht, so wollen wir uns in keinem Falle der Erkenntnis entziehen, dass Wahrheit zwar weh tut - aber auch heilt.
EINE BEDEUTSAME KONFERENZ
Einige Jahre vor der Minneapolis-Konferenz ergingen verschiedentlich Botschaften an die Gemeinde, die darauf hinwiesen, dass der "laute Ruf’ auf unerwartete und überraschende Weise kommen würde.
"Es sei denn, dass sie ...zu einem Bewusstsein ihrer Pflicht aufgerüttelt
werden, so werden sie, wenn der laute Ruf der dritten Engelsbotschaft gehört
wird, das Werk Gottes nicht erkennen. Wenn das Licht zur Erleuchtung der Erde
hervorleuchtet, dann werden sie, anstatt dem Herrn zu Hilfe zu kommen, nur den
Wunsch haben, das Werk des Herrn zu hindern, damit es ihren engen Gedanken
angepasst werde. Lasst euch gesagt sein, dass der Herr in diesem letzten Werk in
einer Weise wirken wird, die sehr weit außerhalb der gewöhnlichen Ordnung liegt
und im Gegensatz zu allen menschlichen Plänen stehen wird. Es wird zwar unter
uns solche geben, die das Werk Gottes zu beherrschen wünschen und sogar jede
Bewegung diktieren möchten, wenn das Werk unter der Leitung jenes Engels, der
sich dem dritten Engel zur Verkündigung der Botschaft an die Welt anschließt,
voranschreitet. Gott wird aber Wege und Mittel benützen, durch welche man
erkennen wird, dass er die Zügel in seine eigenen Hände nimmt” 1.10.1885
Testimonies to Ministers 300
"Wenn der Heilige Geist am Menschen arbeitet,
fragt er uns nicht, wie er vorgehen soll. Er wirkt oft auf unerwartete Weise.
Christus kam nicht gemäß der Erwartung der Juden. Er kam nicht auf eine Weise,
durch welche ihre Nation verherrlicht wurde... Die Juden weigerten sich,
Christus aufzunehmen, weil er nicht gemäß ihren eigenen Erwartungen kam...
Das ist die Gefahr, der die Gemeinde jetzt ausgesetzt ist - nämlich dass
die Erfindungen sterblicher Menschen dem Heiligen Geist genau vorschreiben, wie
er zu kommen hat. Einige haben das, obwohl sie es nicht zugeben wollen, schon
getan. Weil aber der Geist kommt, nicht um Menschen zu loben oder um ihre
irrigen Theorien zu stützen, sondern um die Welt zu tadeln wegen Sünde,
Gerechtigkeit und Gericht, wenden sich viele von ihm ab. Sie sind nicht gewillt,
den Tausch einzugehen und für ihre eigene Gerechtigkeit, welche Ungerechtigkeit
ist, die Gerechtigkeit Christi anzunehmen, welche reine, unverfälschte Wahrheit
ist. Der Heilige Geist schmeichelt niemandem, noch wirkt er gemäß menschlichen
Erfindungen. Sterbliche, sündliche Menschen können dem Heiligen Geist nichts
vorschreiben. Wenn er kommt und irgendeinen von Gott dazu erwählten Menschen
benützt, um zu tadeln, dann müssen die Menschen auf seine Stimme hören und
gehorchen.” TM 64, 65
"Brüder, wenn ihr fortfahrt, so träge und so selbstsüchtig zu sein, wie ihr gewesen seid, dann wird Gott sicher an euch vorübergehen und solche nehmen, die weniger selbstsüchtig sind, weniger nach weltlicher Ehre streben und die sich nicht weigern, wie ihr Meister aus dem Lager zu gehen und die Schmach zu tragen.” 5T461
Schon 1882 heißt es: ”Elia nahm Elisa vom Pflug und warf ihm den Mantel der Weihe um. Die Berufung zu diesem großen, feierlichen Werk war an studierte Männer in hohen Stellungen ausgegangen; hätten sich diese in ihren eigenen Augen als wenig erachtet und sich ganz auf den Herrn verlassen, dann hätte er sie damit geehrt, seine Standarte des Triumphes und Sieges tragen zu dürfen... Gott wird in unserer Zeit ein Werk tun, das nur wenige erwarten. Er wird solche unter uns erwecken und aufrichten, die viel mehr durch die Salbung des Heiligen Geistes gelehrt wurden, als durch die äußere Ausbildung wissenschaftlicher Anstalten.” 5T 82
Bedeutsamer weise erwählte sich Gott im selben Jahr, als diese Worte geschrieben wurden, demütige Werkzeuge, die die Botschaft des lauten Rufs geben sollten. Durch die Salbung und Leitung des Heiligen Geistes wurde ein junger Mann - E.J. Waggoner - vorbereitet, ein ganz besonderes Werk zu tun. Jahre später, kurz vor seinem Tode 1916 schilderte er folgendes:
"Christus ist in erster Linie das Wort Gottes, der Ausdruck des
Gedankens Gottes. Die Bibel ist einfach deswegen das Wort Gottes, weil sie
Christus offenbart. Es war mit diesem Gedanken, als ich vor 34 Jahren (1882) mit
meinem wirklichen-Bibelstudium begann. Damals wurde mir Christus als der
'Gekreuzigte’ vor Augen geführt. An einem düsteren Sabbatnachmittag saß ich ein
wenig abseits von der Menge in dem großen Zelt einer Zeltversammlung in
Healdsburg. Ich hatte keine Ahnung, was das Thema der Predigt war, nicht ein
Wort oder einen Bibeltext habe ich je gewusst. Alles, was ich behalten habe, ist
das, was ich sah. Plötzlich schien ringsumher ein Licht, und das Zelt schien für
mich weit heller erleuchtet zu sein, als wenn die Nachmittagssonne schiene. Ich
sah Christus am Kreuz hängend, für mich gekreuzigt. In diesem Augenblick kam mir
wie eine überströmende Flut zum ersten Mal die Erkenntnis, dass Gott mich liebt
und Christus für mich starb. Gott und ich waren die einzigen Wesen im ganzen
Universum, deren ich mir bewusst war. Ich erkannte regelrecht mit meinen Augen,
dass Gott in Christus die ganze Welt mit sich versöhnt; ich war die ganze Welt
mit ihrer Sünde. Ich bin mir sicher, dass Pauli Erfahrung auf dem Weg nach
Damaskus nicht wirklicher war als meine... Ich entschied mich sofort, die Bibel
im Lichte dieser Offenbarung zu studieren, damit ich anderen helfen könnte,
dieselbe Wahrheit zu sehen. Ich habe schon immer geglaubt, dass alles in der
Bibel mit mehr oder weniger Lebhaftigkeit auf diese glorreiche Offenbarung des
Gekreuzigten hinweist.”
Etwa zur selben Zeit bereitete der Herr ein anderes menschliches Werkzeug zu.
A.T. Jones, Gefreiter der US Army, fand die Wahrheit durch eine echte, tiefe
Erfahrung mit Gott. Dieser Mann war nicht ein Produkt von Schulen, sondern er
lernte Tag und Nacht und bereicherte sich durch eigenes Studium mit ungeheuren
biblischen und geschichtlichen Kenntnissen. Das wichtigste jedoch, er war
demütig, ernst und von tiefer Überzeugung. Er hatte ein großes
Auffassungsvermögen, war aber zugleich herzlich und einfach und hatte einen
kindlichen Glauben. In den Jahren nach der Minneapolis-Konferenz, als Gott ihn
gebrauchte, um die gegenwärtige Wahrheit darzulegen, war er mächtig durch den
Geist in der Verkündigung, die damals vor aller Augen durch viele ungewöhnliche
Bekundungen der Gegenwart Gottes bekräftigt wurde.
Dass diese jungen Männer
zur selben Zeit und an verschiedenen Orten begannen, sich mit der gleichen
Botschaft zu befassen, zu der selben Erkenntnis kamen und sich in der
Verkündigung dieser Wahrheit zusammenfanden, ist zweifellos auf die Vorsehung
Gottes zurückzuführen. Die Stunde war gekommen. Der im Adventvolk schon lang
erwartete Spätregen sollte mit einer ganz bestimmten und besonderen Botschaft,
wie sie noch nie zuvor verkündigt worden war, eingeleitet werden. Die von Gott
dazu benutzten Werkzeuge, das lässt sich nicht bestreiten, sollten diese beiden
jungen Männer sein. Im Jahre 1888 nahmen Waggoner und Jones an der
General-Konferenz teil. Über ihre Predigten sagte E.G. White: ”Gott
bringt vor die Gemüter der Menschen köstliche, von ihm stammende Edelsteine der
Wahrheit, genau angebracht für unsere Zeit.” 1888 Sermons* 40
Die Dienerin Gottes erkannte sofort die Bedeutung dieser Offenbarung des Lichtes Gottes:
”Der Herr hat seinem Volk in seiner großen Gnade eine überaus kostbare Botschaft durch die Prediger Waggoner und Jones gesandt. Diese Botschaft sollte vor der Welt noch mehr den erhöhten Heiland als das Opfer für die Sünden der ganzen Welt heraussteilen. Sie zeigt die wahre Rechtfertigung durch den Glauben und fordert das Volk auf, die Gerechtigkeit Christi, die im Gehorsam gegen alle Gebote Gottes zum Ausdruck kommt, anzunehmen... Es ist die dritte Engelsbotschaft, die mit einer lauten Stimme verkündet und von der Ausgießung des Heiligen Geistes in reichem Maße begleitet werden soll... Seit Jahren hat die Gemeinde auf Menschen geschaut und viel von Menschen erwartet, aber auf Jesus, der unsere Hoffnung zum ewigen Leben ist, hat sie nicht geschaut. Darum gab Gott seinen Boten (Waggoner und Jones) ein Zeugnis, das die Wahrheit darstellt, wie sie in Jesus ist, die dritte Engelsbotschaft in klaren und deutlichen Linien... Dies ist das Zeugnis, das kreuz und quer durch die ganze Welt gehen muss. Es stellt Gesetz und Evangelium dar, beide als ein vollkommenes Ganzes miteinander verbunden... Gott gab seinen Boten genau das, was das Volk brauchte.” TM 9195
"Auf dieser Zusammenkunft (Minneapolis) habe ich zum ersten Mal
Dr. Waggoners Gründe für seine Stellung gehört.” 1888 Sermons 57
*”1888 Sermons” ist die unautorisierte Veröffentlichung der ursprünglich nur vervielfältigten Ansprachen E.G. Whites durch dii E.G. White Publications, Washington, D.C.
”Als Bruder Waggoner diese Gedanken in Minneapolis hervorbrachte, war das die erste klare Lehre über dieses Thema, die ich je von Menschenlippen vernahm, mit Ausnahme von Gesprächen zwischen meinem Mann und mir.” 1889 Manuscript 5 ”Die von Waggoner und Jones gegebene Botschaft ist die Botschaft Gottes an die Gemeinde zu Laodizea.”1892 MS 24
Es ist die Hoffnung und das brennende Verlangen eines jeden Adventgläubigen, den lauten Ruf, der in der Macht des Spätregens, ertönen wird, zu erleben und anschließend am Einzug ins himmlische Kanaan teilzunehmen. Seit mehreren Generationen warten wir sehnlichst auf diese letzte, weltweite Erweckung, während der die ganze Erde mit der Herrlichkeit Gottes erleuchtet wird. Wenn wir nach all dieser langen Wartezeit zurückblicken in unsere Geschichte und uns hier gesagt wird, dass schon 1888 eine Botschaft kam,... die dritte Engelsbotschaft, die mit einer lauten Stimme verkündigt und von der Ausgießung des Heiligen Geistes in reichem Maße begleitet werden sollte, dann sollten wir erstaunt oder gar erschreckt sein. Diese Botschaft von Waggoner und Jones war wirklich etwas ganz Besonderes, denn es war die Botschaft des lauten Rufes.
Es ist hier wichtig, die beiden Phasen des lauten Rufes zu erkennen. Ehe er
nämlich in aller Welt zu einem letzten Zeugnis ertönen kann, muss er erst dem
Volke Gottes, das ihn geben soll, nicht nur als Theorie, sondern als eine
lebendige Erfahrung zu eigen gemacht werden. Man kann nur etwas weitergeben, das
man selber hat. Erst wenn die Adventisten die Botschaft des lauten Rufes, die
sie bringen sollen, selbst kennen und darin leben, kann die große Phase in der
Macht des Spätregens beginnen. Erst selbst lernen - dann andere lehren. Nur wer
in dieser Schule Christi ein demütiger und williger Schüler war, wird als ein
Lehrer vor Hunderten und Tausenden von Menschen stehen können, um die letzte
Warnungsbotschaft an eine untergehende Welt zu richten.
Wenn nun, wie aus oben angeführtem Zitat ersichtlich ist, im Jahre 1888 die Botschaft des lauten Rufes und des Spätregens an das Adventvolk gekommen war, dann kann das nur bedeuten, dass die erste Phase des lauten Rufes begonnen hatte, und so gewiss wie das der Fall war, sollte danach auch die zweite Phase folgen. Dass die erste Phase tatsächlich begonnen hatte, geht klar aus diesen Aussagen hervor:
”Der 'Laute Ruf des dritten Engels hat schon in der Offenbarung der Gerechtigkeit Christi, des sündenvergebenden Erlösers, begonnen. Das ist der Anfang jenes Lichtes, mit dem der Engel die ganze Erde erfüllen wird.” Review and Herald, 22.11.1892
Jawohl, die erste Phase des lauten Rufes hatte begonnen, und die zweite,
weltweite Phase musste jetzt kommen. Aber sie kam nicht und ist bis auf den
heutigen Tag nicht gekommen. Das ist eine unumstößliche Tatsache. Der laute Ruf
soll jedoch "wie ein Feuer durchs Stoppelfeld gehen”. E.G. WhiteDoch das ist
damals und bis heute nicht geschehen. Das Licht jenes Engels hat noch nicht die
ganze Erde erleuchtet. Das ist die einfache Tatsache, die uns unsere eigene
Geschichte schmerzlich ins Gesicht sagt. Hätte das Volk Gottes diese Botschaft
angenommen, so wäre das alles längst erfüllt. Die Botschaft des lauten Rufes
sollte das Volk zubereiten, der Welt die letzte Warnung geben zu können. Hätte
es sie angenommen, so würde es dieselbe sofort zur endgültigen Beendigung des
Werkes in die Welt hinausgetragen haben. Die aus diesen Aussagen hervorgehende
erschreckende Erkenntnis ist, dass damals schon der Spätregen hätte kommen
können, aber nicht kam. Das ist ein Umstand, dessen ungeheure Tragik und
Reichweite man kaum zu erkennen imstande war. ”Was die Folge dieses hartnäckigen
Unglaubens sein wird, müssen wir noch lernen”. 1890 Brief W32. Doch der Geist
der Weissagung belehrt uns deutlich, dass "einmal” die ganze Tragweite von dem,
was in Minneapolis geschehen ist, erkannt wird. Bezugnehmend auf den Widerstand
gegen die Botschaft von Waggoner und Jones heißt es: "Einmal wird dies in seiner
ganzen Reichweite erkannt werden, mit all den Bürden und Wehen, die sich daraus
ergeben haben.”
Die Gründe dafür, warum die ganze Tragweite dessen, was damals geschehen war, doch einmal erkannt werden wird und nach dem Plane Gottes erkannt werden muss, sollen in einem anderen Kapitel näher erörtert werden. Vorweg genügt es, laut dieser Aussage zu wissen, dass es so ist, und dass es so sein muss. "Einmal wird dies in seiner ganzen Tragweite erkannt werden.” Gott wartet darauf. Die nun folgenden Aussagen gewähren uns einen Einblick in die Geschehnisse von Minneapolis. Zuerst solche von E.G. White, die direkt während jener denkwürdigen Zusammenkunft gemacht wurden.
"Ich möchte euch jetzt sagen, dass es etwas Furchtbares ist, wenn Gott euch Licht sendet, und nachdem es auf Geist und Herz eingewirkt hat, verhaltet ihr euch wie sie (die Juden). Wenn Gottes Wahrheit nicht angenommen wird, wird sich sein Geist zurückziehen. Christus wurde aber von einigen angenommen: der Geist bezeugte, dass Er Gott war. Aber eine Gegenströmung drängte sich herein. Böse Engel arbeiteten in der Versammlung, um Zweifel aufkommen zu lassen und Unglauben zu verbreiten, damit jeder von Gott geschenkte Lichtstrahl ausgeschlossen würde. An solch einem Ort konnte Christus nichts mehr tun. Ihr seht, welch einen Einfluss Satan hatte und welche Fehlet das Volk machte. Sie hatten keinen Fortschritt gemacht, und weil sie nicht fortgeschritten waren, arbeiteten sie unter der Leitung Satans, und dennoch gaben sie vor, unter der Leitung Gottes zu stehen. Gott aber hatte nichts mit ihrem Unglauben und ihrer Feindschaft wider Jesus Christus zu tun. Ich wünschte, ihr könntet sehen und merken, dass ihr, wenn ihr keinen Fortschritt macht, euch im Rückgang befindet.” 1888 Sermons 26
”Die Pharisäer weigerten sich, Gott und den von ihm gesandten
Jesus Christus zu erkennen. Stehen wir nicht in Gefahr, dasselbe zu tun wie die
Pharisäer und Schriftgelehrten?” ebd. 37
”Die, welche den Schacht nicht tiefer und noch tiefer in die
Grube der Wahrheit getrieben haben, werden keine Schönheit sehen in den
köstlichen Dingen, die auf dieser Konferenz dargelegt wurden. Wenn der Wille
sich erst einmal in hartnäckiger Opposition gegen das Licht setzt, ist es
schwer, nachzugeben, selbst angesichts der überzeugenden Beweise, die auf dieser
Konferenz gegeben wurden. Streiten, Bezweifeln, Kritisieren und Lächerlich
machen, das ist die Erziehung, die viele mitbekommen haben, und das sind die
Früchte, die sie zeitigen. Sie weigern sich, Beweise anzuerkennen. Das
natürliche Herz steht im Kampf gegen Licht, Wahrheit und Erkenntnis. Jesus ist
in jedem Schlafsaal gewesen, wo ihr euch unterhalten habt. Wie viel Gebete sind
von diesen Räumen aufgestiegen?” ebd. 41
”Brüder, Gott hat überaus kostbares Licht für sein Volk; ich
nenne es nicht neues Licht, aber oh, - vielen ist es so merkwürdig neu! Oh, eure
Leichtfertigkeit, eure Reden sind alle im Buche niedergeschrieben... Wenn ihr
nur wüsstet, wie Christus euer Verhalten während dieser Zusammenkunft ansieht.”
ebd. 41, 42
”Nun ist unsere Zusammenkunft fast zu Ende, und nicht ein
Bekenntnis ist abgelegt worden; es gab nicht einen einzigen Durchbruch, dem
Heiligen Geist Einlass zu gewähren. Wie ich schon sagte, welchen Sinn hat es,
hier zusammen zu sein, wenn unsere Prediger nur herkommen, um den Geist Gottes
vom Volk abzuhalten? Wir hatten hier auf ein Hinwenden zum Herrn gehofft.
Vielleicht meint ihr, ihr hättet alles was ihr braucht... Ich habe mit euch
geredet und gefleht, aber es scheint alles an euch vorbeizugehen... Noch nie war
ich so beunruhigt wie zur gegenwärtigen Zeit.” ebd. 52
”Ich nahm meine Brüder und sagte ihnen genau, wo sie standen.
Doch sie glaubten es mir nicht; sie glaubten nicht, dass sie in Gefahr sind...
Als mir die Geschichte der jüdischen Nation vor Augen geführt wurde und ich sah,
wie sie strauchelten, weil sie nicht im Licht wandelten, erkannte ich, was aus
uns als ein Volk werden würde, wenn wir das von Gott gegebene Licht ablehnten...
Das ist nun unsere letzte Predigerversammlung, das heißt, wenn ihr nicht noch
alleine Zusammenkommen möchtet... Wenn die Prediger das Licht nicht annehmen,
möchte ich dem Volk eine Gelegenheit geben. Vielleicht nimmt das Volk es an.
Gott hat mich nicht aufgerichtet und diese weite Reise machen lassen, um zu euch
zu sprechen, wenn ihr dasitzt und seine Botschaft in Frage stellt und
bezweifelt, ob Schwester White noch dieselbe ist wie in den vergangenen
Jahren...” ebd. 53, 54
”Und ich habe gesehen, wie kostbare Seelen, die bereit waren, die
Wahrheit anzunehmen, davon abgehalten wurden durch die Art und Weise, mit der
man sie behandelte. Jesus war nicht darin. Und das ist, worum ich euch die ganze
Zeit anflehe - wir wollen Jesus! Wo liegt die Ursache, dass der Geist Gottes bei
unseren Stunden nicht zugegen ist? Weil wir Schranken um uns aufgerichtet haben!
Ich spreche entschieden, weil ich euch zu erkennen geben möchte, wo ihr steht.
Ich möchte, dass ihr jüngeren Männer aus eurem eigenen Verständnis der Wahrheit
Stellung bezieht und nicht weil es ein anderer tut... Es ist gesagt worden,
Bruder Waggoner hätte sich die Führung der Tagung angeeignet. Hat er euch nicht
die Worte der Bibel dargereicht? Ich glaube, dass mein Zeugnis nicht angenehm
ist, aber in der Furcht des Herrn werde ich es geben.” ebd. 54
”Dr. Waggoner hat in einfacher und verständlicher Weise
gesprochen. In seinen Worten ist kostbares Licht... Würden unsere dienenden
Brüder die so deutlich dargelegte Lehre der Gerechtigkeit Christi in seiner
Verbindung mit dem Gesetz annehmen - und ich weiß, dass sie dies annehmen
müssen, dann wären ihre Vorurteile nicht die beherrschende Macht, und das Volk
könnte gespeist werden mit Speise zur rechten Zeit... Ich sehe keine
Entschuldigung für den auf dieser Zusammenkunft geschaffenen Zustand der
Gefühlserregung. Es ist meine erste Gelegenheit, in Bezug auf dieses Thema etwas
zu hören. Ich habe hierüber noch kein Gespräch mit meinem Sohn W.C. White, mit
Dr. Waggoner oder mit Bruder A.T. Jones geführt. Auf dieser Zusammenkunft hörte
ich zum ersten Mal die Gründe für Dr. Waggoners Stellung. Mein Führer sagte mir:
'Viel Licht wird vom Gesetz Gottes und vom Evangelium der Gerechtigkeit
scheinen. Wenn der wahre Charakter dieser Botschaft verstanden und in der
Geisteskraft verkündigt wird, wird die ganze Erde von der Klarheit erleuchtet
werden. Die große, entscheidende Frage muss vor alle Nationen, Sprachen und
Völker gebracht werden. Das Endwerk der dritten Engelsbotschaft wird von einer
Kraft begleitet sein, durch die die Strahlen der Sonne der Gerechtigkeit alle
Straßen des Lebens erreichen. Entscheidungen werden für Gott, als den höchsten
Herrscher, gemacht werden; sein Gesetz wird als Maßstab angesehen werden.’” ebd.
58
"Ich bitte euch dringlich, verschließt eure Herzen nicht aus
Furcht, dass ein Lichtstrahl euch erreichen könnte. Ihr braucht größeres Licht.
Ihr braucht ein besseres Verständnis der Wahrheit, welche ihr dem Volk bringt.
Wenn ihr das Licht nicht selber seht, werdet ihr eure Herzen verschließen und -
wenn ihr könnt - verhindern, dass die Lichtstrahlen das Volk erreichen. Lasst
nicht von diesem hochbegünstigten Volk gesagt werden: 'Ihr kommt nicht hinein
und wehret denen, die hinein wollen!’ Luk. 11,52” ebd. 59
”Es ist eine hochernste Angelegenheit für uns, ob wir den Charakter vervollkommnen oder nicht, ob wir in der Gnade und Erkenntnis unseres Herrn Jesus Christus zunehmen oder nicht.” ebd. 60
"Als die Juden den ersten Schritt zur Verwerfung Christi machten,
begaben sie sich in große Gefahr. Als sich nachher die Beweise häuften, dass
Jesus von Nazareth der Messias war, waren sie zu stolz, anzuerkennen, sich
geirrt zu haben. So ist es mit dem heutigen Volk, das die Wahrheit verwirft...
Es ist nicht weise, dass sich diese jungen Männer auf dieser Zusammenkunft einer
Entscheidung unterwerfen, wo mehr Opposition als Untersuchung auf der
Tagesordnung steht.” ebd. 62
"Niemandem ist es erlaubt, die Zugänge, durch welche das Licht an
das Volk gelangen soll, zu verschließen. Sobald dies versucht wird, erlischt der
Geist Gottes, denn dieser Geist ist fortwährend dabei, seinem Volk durch sein
Wort neues, zunehmendes Licht zu geben.” ebd. 63
Einen zusammenfassenden Bericht von der Konferenz gab Prediger Nash.
"Der
Schreiber dieses Traktates wohnte der Minneapolis Konferenz von 1888 bei, wo er
viele der Dinge, welche gesprochen und getan wurden, sah und hörte. Schwester
E.G. White sowie Dr. E.J. Waggoner und Prediger A.T. Jones aus Kalifornien waren
anwesend. Die Prediger Waggoner und Jones hatten die Aufgabe, die
allmorgendlichen Weihestunden während der Konferenz zu halten. Sie lehrten in
der allereinfachsten und freundlichsten Weise, dass Jesus, das Lamm Gottes, alle
unsere Sündenlast auf sich selbst nahm und uns sein Leben gab. Sie lehrten, dass
er unsere Schuld abtrug und uns befreite, indem er unsere unflätigen Kleider
wegnahm und uns sein weißes Gewand der Gerechtigkeit dafür gab. Welch ein
wunderbarer Tausch!
Als Christus auf diese Weise als die einzige Hoffnung der Gemeinde und aller Menschen erhöht wurde, standen fast alle unsere ältesten Prediger in vereintem Widerstand gegen sie. Man versuchte, die Botschafter davon abzuhalten, die Lehre von der Glaubensgerechtigkeit noch weiter vorzuführen und zu diskutieren. Als Schwester White ihnen dann mitteilte, dass es die Vorsehung Gottes war, die die Brüder Waggoner und Jones geführt habe, dieses Thema laut zu verkündigen, wählten sie Oppostions-Führer, die die Meinung der Gegenseite vertreten sollten. Ihr Sprecher war J.H. Morrison. Es wurde vereinbart, dass die Prediger Waggoner und Jones auf seine Rede antworten sollten.
In seiner Rede befasste sich Prediger Morrison offen und deutlich mit den zwei Bündnissen, wie Paulus sie in dem Gleichnis von der Magd und der Freien behandelt, in welchem Ismael das Volk des alten Bundes und Isaak das Volk des neuen Bundes darstellen. Sara, die Freie, verlangte: Treibe diese Magd aus mit ihrem Sohn; denn dieser Magd Sohn soll nicht erben mit meinem Sohn Isaak.’ (l.Mose 21,10)
Abraham befolgte das, und Hagar wanderte hinweg in die Wüste Beerseba. Prediger Morrison erklärte, dass wir (Siebenten-Tags-Adventisten) die Gerechtigkeitslehre immer schon gehabt hätten und wir Kinder der Freien wären. Er dachte, dass dieses Thema auf der Konferenz überbetont würde, und schien zu befürchten, dass wir die Wichtigkeit, die dem Gesetz beigemessen werden sollte, aus den Augen verlieren würden.
Schwester White erwiderte dagegen:
'Wir haben als ein Volk das Gesetz
gepredigt, bis wir trocken waren wie die Berge von Gilboa, die weder Tau noch
Regen hatten. Wir müssen Christus im Gesetz predigen, dann werden unsere
Predigten voller Lebenskraft und Nahrung sein, die hungernde Herde zu speisen.
Wir dürfen nicht unseren eigenen Verdiensten vertrauen, sondern nur den
Verdiensten Jesu von Nazareth’.
Als die Prediger Jones und Waggoner dazu
kamen, ihren Gegnern zu antworten, stellten sie sich mit offenen Bibeln
nebeneinander.
Waggener fing an und las Jer.23,5-8
Jones
las
Eph.2,4-8
Waggoner
Gal.2,16-21
Jones
Röm.11,1-33
Waggoner
Röm.10,14.17
Jones
Röm.2,12-29
Waggoner Gal.3
ganzes
Kapitel
Jones
Röm.
3
Waggoner
Gal.5,1-6
Jones
Röm.9,7-33
Waggoner
Gal.2
Jones
Röm.4,1-11
Waggoner
Röm.5
Jones
Röm.4,13-25
Waggoner
Röm.6
Jones
Röm.1,15-17
Waggoner
Röm.8,14-39
Jones
1.Joh.5,1-4
Ohne einen Kommentar setzten sie sich wieder. Während der ganzen Zeit des Vorlesens hing eine gespannte Stille über der großen Versammlung. Das machte auf den Schreiber einen Eindruck, den selbst die Zeit nicht auslöschen kann. Auch im Vorwort des Buches 'Christus unsere Gerechtigkeit’ von A.G. Daniells, in welchem, auf Anfrage vieler Arbeiter, Geschwister und ganzer Vereinigungen, Zitate vom Geist der Weissagung über Glaubensgerechtigkeit zusammengestellt wurden, wird angedeutet, dass viele genauso beeindruckt waren.
Schwerer Wiederstand
Weil die Kapelle von Minneapolis für solch eine große Delegation zu klein war, war sie außerordentlich überfüllt. Während der Eröffnung einer dieser Andachtsstunden kam der Schreiber neben Prediger Kilgore zu stehen. Er bat um das Wort. Als man ihm das Wort erteilte, sagte er: 'Ich möchte einige Worte an die Abgeordneten, die zu dieser Konferenz versammelt sind, richten. Wie ja einige von euch wissen, ist Prediger George I. Butler wegen seiner kranken Frau in Battle Creek abgehalten worden, und er kann auch bis später nicht hier sein. Deswegen möchte ich beantragen, dass wir diese Diskussion über das Thema Gerechtigkeit durch den Glauben abbrechen, bis der Präsident der General-Konferenz zugegen sein kann.’
Schwester White, die vorn auf dem Podium saß, stand auf. Als man ihr das
Wort erteilte, sagte sie: 'Brüder, dies ist des Herrn Werk. Soll der
Herr mit seinem Werk auf Prediger Butler warten? Der Herr will, dass sein Werk
vorangeht, und es soll auf keinen Menschen warten.’ Darauf kam keine
Antwort. Die Prediger Jones und Waggoner fuhren fort mit ihrer Botschaft. Ellen
G. Whites Haltung und Worte machten klar, dass sie hundertprozentig auf der
Seite von Waggoner und Jones stand, diese Botschaft auf der
Minneapolis-Konferenz darzubringen.
Auf dieser Konferenz begann der Widerstand gegen die Botschaft der
Glaubensgerechtigkeit. Der Schreiber betet und hofft aufrichtig, dass die
Opposition doch aufhören, umkehren und unter der Führung des Heiligen Geistes
arbeiten möchte, auf dass das Licht jenes 'anderen Engels’ (Offb. 18,1.2) bald
die ganze Erde erleuchte. 'Und danach sah ich einen anderen Engel niederfahren
vom Himmel, der hatte eine große Macht, und die Erde ward erleuchtet von seiner
Klarheit. Und er schrie aus Macht mit großer Stimme und sprach: Sie ist
gefallen, sie ist gefallen, Babylon, die große, und eine Behausung der Teufel
geworden und ein Behältnis aller unreinen Geister und ein Behältnis aller
unreinen und verhassten Vögel.’
Es kommt nun eine sehr wichtige Frage auf: Werken wir an dieser
Herrlichkeit, die die ganze Erde erleuchtet, teilhaben? Wenn wir Jesus Christus,
der unsere Waffe des Lichtes ist, anziehen, ja! Römer 13,12.14; Offb. 19,8.9:
'Die Nacht ist vorgerückt, der Tag aber nahe herbeigekommen: so lasset uns
ablegen die Werke der Finsternis und anlegen die Waffen des Lichtes. ...ziehet
an den Herrn Jesus Christus und wartet des Leibes, doch also, dass er nicht geil
werde.’ 'Und es ward ihr gegeben, sich anzutun mit reiner und schöner Leinwand.
(Die köstliche Leinwand aber ist die Gerechtigkeit der Heiligen.) Und er sprach
zu mir: Schreibe: Selig sind, die zum Abendmahl des Lammes berufen sind. Und er
sprach zu mir: Dies sind wahrhaftige Worte Gottes.’ Das Kleid der Gerechtigkeit
Christi wird jedem frei angeboten, der es im Glauben annehmen will. 'Ich weiß,
dass ein Werk für das Volk getan werden muss, oder viele werden nicht bereit
sein, das Licht des Engels, der vom Himmel gesandt wird, um die ganze Erde mit
seiner Klarheit zu erleuchten, anzunehmen.’ TM 468, 469. Dieses Zitat weist
deutlich darauf hin, dass Gottes Volk ohne Einschränkung alles in die Waagschale
auf Seiten Christi und seiner Gerechtigkeit werfen muss. Dies ist unsere einzige
Sicherheit. Lieber Leser, tue es sofort!” Prediger Nash, nach einem von ihm
geschriebenen Traktat.
Der Stein des Anstoßes, den Gott den Menschen durch die Auswahl
unerwarteter Werkzeuge in den Weg legte, verhinderte eine heimliche oder
unbewusste Umgehung der von ihm aufgeworfenen Wahrheiten. Sollen sich
widerstrebende Gemüter daran erhitzen! Dadurch rückt gegenwärtige Wahrheit in
den Mittelpunkt. Entscheidungen sind offen und betont. Versteckte oder
unbewusste Ablehnung der Wahrheit hätte eine spätere, genaue Analyse, wie sie
für unser richtiges Verhalten heute von größter Bedeutung ist, erheblich
erschwert. Doch als man einmal gegen die Botschaft von Waggoner und Jones
Stellung bezogen hatte und es sich dann herausstellte, dass E.G. White voll und
ganz für die Botschaft war, gab es ein schmerzliches Erstaunen. Dass E.G. White
die beiden jungen, unerfahrenen Brüder, entgegen dem "umsichtigen und
ausgeglichenen Urteil” langgedienter Veteranen, derartig stützte, brach ihnen
fast das Herz. Es kam sogar die Frage auf, ob Schwester White noch dieselbe
sei:
"Wieder und immer wieder legte ich in klarer und eindeutiger
Weise vor den Versammelten mein Zeugnis ab, aber das Zeugnis wurde nicht
angenommen. Als ich nach Battle Creek kam, wiederholte ich das gleiche Zeugnis
in der Gegenwart von Prediger Butler. Es war aber nicht einer dort, der den Mut
hatte, mir zur Seite zu stehen, um Prediger Butler sowohl wie anderen zu helfen,
zur Einsicht zu kommen, dass sie eine falsche Stellung bezogen hatten. Nachdem
Prediger Butler durch unsere dienenden Brüder die verschiedenen Berichte über
die Minneapolis-Konferenz gehört hatte, war sein Vorurteil noch stärker. Bruder
Butler legte mir in einem Brief nahe, mein Verhalten dort auf der Konferenz
hätte einigen unserer dienenden Brüder fast das Herz gebrochen.” E.G. White,
1889 U3
"Gott hat mich nicht aufgerichtet und diese weite Reise machen
lassen, um zu euch zu sprechen, wenn ihr dasitzt und seine Botschaft in Frage
stellt und bezweifelt, ob Schwester White noch dieselbe sei wie in vergangenen
Jahren.” 1888 Sermons 53
GEIST DER VERFOLGUNG
”Wir sollten in aller Welt das letzte Volk sein, welches auch nur im Geringsten den Geist der Verfolgung gegen die hegt, die der Welt die Botschaft Gottes Dringen. Das ist das schrecklichste der unchristlichen Merkmale, die sich seit der Minneapolis-Konferenz unter uns offenbart haben.” 1893 General Conference Bulletin 184
"Einige haben gegen die Männer, die Gott mit einer besonderen
Botschaft an die Welt beauftragt hat, Hass genährt. Sie haben dieses satanische
Werk in Minneapolis begonnen... Dass Männer jenen Geist, der in Minneapolis die
Zügel schießen ließ, weiterhin lebendig erhalten, ist eine Beleidigung Gottes.
Wie sorgfältig sollten wir im Urteil über das Werk eines anderen sein, damit wir
nicht schuldig werden, das Wirken des Heiligen Geistes bösen Mächten
zuzuschreiben... Wer das Licht und die von Gott freimütig gewährten Beweise
verwirft, verwirft damit Christus; für ihn gibt es keinen anderen Erlöser. Die
Gefahren der letzten Tage bedrohen uns... Satan übernimmt die Herrschaft über
jeden Geist, der sich nicht entschieden unter die Herrschaft des Heiligen
Geistes stellt... Männer können genauso wie Pharisäer werden. In ihren
Ratsversammlungen wagen sie ein Urteil über Gottes Werk auszusprechen; denn sie
haben sich in Dingen geübt, die der Herr niemals von ihnen zu tun gefordert
hat.
Es wäre besser, sie würden ihre eigenen Herzen vor Gott demütigen
und ihre Hände von der Lade Gottes wegnehmen, damit nicht der Zorn Gottes gegen
sie entbrenne. Denn wenn Gott je durch mich gesprochen hat, dann bezeuge ich,
dass sie mit ihrer Kritik und ungesunden Beurteilung etwas auf sich genommen
haben, was nicht recht ist. Ich erinnere daran, dass Gott, der ewige Gott,
niemals Männer in solche Stellungen eingesetzt hat, wie sie von ihnen in
Minneapolis eingenommen wurden und seit dieser Zeit besetzt gehalten werde.”
Special Testimonies, Series A, mim. ed., 143, 145, 172, 175. Vergl. TM 63-81,
89-98
DIE URSACHEN
Die Behandlung der Ursachen dessen, was 1888 und in den Jahren danach geschah, ist ein wichtiges Kapitel für jeden Erforscher der Geschichte unserer Glaubensväter. Wer die Ursache der Geschehnisse der Vergangenheit versteht, ist viel eher imstande, unsere gegenwärtige Lage zu verstehen und richtig einzuschätzen.
SCHRANKEN
"Wo liegt die Ursache, dass der Geist Gottes bei unseren Stunden nicht zugegen ist? Weil wir Schranken um uns aufgerichtet haben!” 1888 Sermons
"Wollt ihr ihnen im Wege stehen? Wollt ihr kritisieren? Wollt ihr
sagen: 'Sie überschreiten ihre Schranken’? Doch ihr habt das Werk nicht getan,
welches ihnen nun aufgetragen wurde!” TM 413
VORURTEILE
"Eine fehlende Bereitschaft zur Aufgabe von Vorurteilen und Annahme der Wahrheit war der Grund für den weitgehenden Widerstand, der sich gegen die von den Brüdern Waggoner und Jones in Minneapolis verkündete Botschaft des Herrn richtete.” E.G. White, 1896 Brief 96
Doch die Vorurteile gegen die Wahrheit verbargen sich großenteils in der
Kritik gegen die Männer, welche als Boten für die Wahrheit standen.
”...sie begannen nachzugeben, drückten ihr Bedauern aus und
brachten Entschuldigungen vor derer wegen, die die Botschaft predigten. Als ob
es in allem nur um persönliche Dinge ginge.” A.T. Jones, 1893 GCB
185
"Diejenigen, die Gott mit einer Botschaft gesandt hat, sind nur
Menschen... Einige haben sich von der Botschaft der Gerechtigkeit Christi
abgewandt, um Menschen zu kritisieren.” RH
27.5.1890
"Ich habe einen tiefen Herzenskummer, weil ich gesehen habe, wie schnell ein Wort oder eine Handlung der Prediger Waggoner und Jones kritisiert wird. Wie schnell übersehen Menschen all das Gute, was von diesen Männern in den vergangenen wenigen Jahren getan wurde. Sie sehen nicht die Tatsache, dass Gott durch diese Werkzeuge am Wirken ist. Sie suchen irgendetwas, um es verdammen zu können, und ihr Verhalten gegenüber diesen Brüdern, welche so eifrig mit einem guten Werk beschäftigt sind, offenbart, dass feindselige und bittere Gefühle in ihren Herzen wohnen.” Brief 1.9.1892
”Gott hat seinen Boten aufgetragen, eine Botschaft für diese Zeit
zu bringen. Aber die Botschaft stimmt nicht in jeder Besonderheit mit den
Gedanken all der leitenden Männer überein, und einige kritisieren die Botschaft
und die Botschafter.” TM 465
"Niemand soll sich über die Diener Gottes beklagen, die mit einer
himmlischen Botschaft gekommen sind. Hört auf, sie zu bemängeln und zu sagen:
Sie sind zu bestimmt. Ihre Reden sind zu streng. Sie mögen streng sprechen, doch
ist dies nicht notwendig?” TM 412
"Einige unserer Brüder sind voller Eifersucht und bösem Argwohn,
immer bereit zu zeigen, in welcher Weise sie sich von den Brüdern Waggoner und
Jones unterscheiden.” ST A7, 54
"Diejenigen, die Gott mit einer Botschaft gesandt hat, sind nur
Menschen... Gott hat seine Boten erweckt für diese Zeit... Christus hat all die
gegen seine Diener geführten, harten, stolzen, höhnischen Reden vermerkt, als ob
sie ihm selbst gegolten hätten.” RH 27.5.1890
"Welchen Weg die Boten auch einschlagen, den Gegnern der Wahrheit
ist er verwerflich; aus jedem Mangel der Wahrheitsverteidiger, sei es in
Manieren, Gewohnheiten oder im Charakter, wird Kapital geschlagen.” 1892 Brief
24
"Einige haben sich von der Botschaft Christus unsere Gerechtigkeit
abgewandt, um Menschen zu kritisieren... Die dreifache Engelsbotschaft werden
die nicht verstehen können, und das Licht, das die Erde mit seinem Schein
erleuchten soll, werden die ein falsches Licht nennen, welche nicht in seinem
vordringenden Schein wandeln wollen. Die Verwerfer der Wahrheit werden wegen
ihres Unglaubens Arbeit, die längst getan sein könnte, unverrichtet lassen. Von
euch, die ihr dem Lichte der Wahrheit im Wege steht, verlangen wir dringend, dem
Volk Gottes die Bahn frei zu machen. Lasst das himmlische Licht in klaren,
stetigen Strahlen auf alle scheinen.” RH 27.5.1890
"Sie (die Gegner) beschauen das verwerfliche Atom unter dem
Vergrößerungsglas, bis es in ihren Vorstellungen eine Welt zu sein scheint,
welche ihnen die Sicht der kostbaren himmlischen Botschaft versperrt... Warum
soll man auf Dinge achten, die einem an dem Botschafter als verwerflich
Vorkommen, und alle Beweise in Bezug auf Wahrheit wegfegen, die Gott uns zu
einer ausgeglichenen Gesinnung gegeben hat?” RH 18.4.1893
EIGENE WEISHEIT
”Auf der Minneapolis-Konferenz ging ich durch eine schmerzliche Erfahrung, und zwar wegen des Verhaltens unserer dienenden Brüder, von welchem ich wusste, dass es nicht im Einklang mit dem Geist Gottes stand... Ich wünsche nur das Wohlergehen eines jeden einzelnen meiner Brüder. Doch ich zittere um ihre Seelen, wenn ich sehe, wie sie ihrer eigenen Weisheit, ihrem eigenen Urteil folgen und Eindrücke voneinander annehmen, von denen ich weiß, dass sie falsch sind und sie in Schwierigkeiten und Trennung von Gott führen werden.” 1889 Brief U23
ALS FANATISMUS VERKANNT
Fanatismus ist ein schreckliches Feuer. Wir werden ermahnt, lieber zwei Schritte in entgegengesetzter Richtung, als einen Schritt zum Fanatismus zu tun. Seine verzehrende Höllenglut, jener unduldsame Eifer ohne Liebe und Langmut, kann nur schwerlich gelöscht werden.
Leider hat es der Feind verstanden, die Wahrheit Gottes als etwas
Fanatisches hinzustellen:
"Ich denke, dass ich nie wieder berufen werde, so wie in
Minneapolis unter der Leitung des Heiligen Geistes zu stehen. Ich wandelte in
der Gegenwart Jesu. Alle, die in den Versammlungen zugegen waren, hatten
Gelegenheit, sich auf die Seite der Wahrheit zu stellen, indem sie den Heiligen
Geist, den Gott in solch reichem Strom der Liebe und der Gnade gesandt hat,
aufgenommen hätten; aber in den Räumen, die von einigen unserer Leute belegt
waren, wurde Spott, Kritik, Hohn und Gelächter gehört. Die Bekundungen des
Heiligen Geistes wurde dem Fanatismus zugeschrieben. Wegen der Szenen, die sich
auf dieser Zusammenkunft abspielten, schämte sich der Gott des Himmels, die
Beteiligten seine Brüder zu nennen! All das ist von dem himmlischen Wächter
beachtet und im Gedächtnisbuche Gottes verzeichnet worden.” ”Sunnyside”,
Cooranbong, 1896
"Unter uns hat ein Abweichen von Gott stattgefunden. Buße, Reue
und Rückkehr zur ersten Liebe, die zur Wiederaufnahme bei Gott so notwendig
sind, sind nicht erfolgt. Unglaube ist in unsere Reihen eingedrungen. Es ist
Mode geworden, von Christus abzutreten und dem Geist der Skepsis Raum zu
gewähren. Viele rufen in ihrem Herzen: 'Wir wollen nicht, dass dieser über uns
herrsche.’ Baal, Baal ist ihre Wahl. Die Religion vieler von uns wird die
Religion des abgefallenen Israels sein, denn sie lieben ihre eigenen Wege statt
des Weges Gottes. Die wahre Religion der Bibel, die einzige Religion, welche
Vergebung durch die Verdienste des gekreuzigten und auferstandenen Heilandes
lehrt, welche die Gerechtigkeit durch Glauben an den Sohn verteidigt, wurde
verachtet. Gegen diese Religion wurde geredet, sie wurde verlacht und verworfen;
sie wurde als Enthusiasmus und Fanatismus denunziert... Welch eine Zukunft liegt
vor uns, wenn wir nicht zur Einheit des Glaubens kommen?” TM
467,468
VEREITELUNG
Eine weitere Ursache dafür, dass die Botschaft des Spätregens damals nicht über die ganze Erde ging und sie mit aller Klarheit erleuchtete, lag darin, dass führende Brüder, die es ein falsches Licht nannten, sich zwischen das Volk und das Licht stellten.
"Gerade die Männer, welche wach sein sollten zu erkennen, dass
das Volk Gottes damit den Weg für den Herrn bereiten würde, verhindern, dass das
Licht Gottes zu seinem Volk gelangt, und verwerfen die Botschaft seiner
heilenden Gnade.” Brief an die Brüder Miller,23.7.1889
”Das Licht, welches die Erde mit seiner Klarheit erleuchten wird,
wird ein falsches Licht genannt werden. Wir bitten euch dringend, die ihr dem
Licht der Wahrheit widersteht, zur Seite zu treten, dem Volk Gottes aus dem
Wege. Das vom Himmel gesandte Licht soll in klaren, starken, stetigen Strahlen
leuchten. Gott macht euch, zu denen das Licht gekommen ist, verantwortlich. Die
Wahrheit ist in ihre Reichweite gekommen, doch sie verachten ihre Gelegenheiten
und Vorrechte.” RH27.5.1890
”Des Öfteren haben einige führende Brüder auf der falschen Seite
Stellung genommen. Würde Gott eine Botschaft senden und darauf warten, bis diese
älteren Brüder den Weg freigäben, dann würde die Botschaft das Volk nie
erreichen... Wer Wächter der Lehre sein will und den Weg versperrt, dass kein
größeres Licht zum Volke kommt, steht unter der Missbilligung Gottes... Niemand
soll es wagen, sich zwischen das Volk und die Botschaft vom Himmel zu stellen.
Die Botschaft von Gott wird zum Volke kommen. Wenn keine menschliche sie
verkündigen würde, dann würden die Steine schreien. R&H
26.6.1892
E.G. White gab die Hoffnung auf den Spätregen trotz der Schwierigkeiten
mit den leitenden Brüdern nicht auf. ”Wenn die Prediger das Licht nicht
annehmen, möchte ich dem Volk eine Gelegenheit geben, vielleicht nimmt das Volk
es an.” In den Jahren unmittelbar nach der Minneapolis-Konferenz reisten
Waggoner, Jones und E.G. White aus eigener Initiative (denn: "würde Gott eine
Botschaft senden und darauf warten, bis diese älteren Brüder den Weg freigäben,
dann würde die Botschaft das Volk nie erreichen...”) von Stadt zu Stadt und
wandten sich mit der Botschaft direkt an die einzelnen Gemeinden.
Wie zur Zeit Jesu war das einfache Volk tatsächlich geneigt, die
Botschaft zu bejahen. Alle, "deren Herz nicht durch Vorurteile verschlossen
war”, nahmen das Licht freudig an.
"Auf jeder Versammlung seit der General-Konferenz haben Gläubige
die kostbare Botschaft der Gerechtigkeit Christi begierig aufgenommen. Wir
danken Gott, dass es Seelen gibt, die ihren Mangel an etwas einsehen, das sie
nicht besitzen: an Gold des Glaubens und der Liebe, an dem weißen Leinen der
Gerechtigkeit Christi, an der Augensalbe geistlicher Erkenntnis. Wer die
köstlichen Gaben besitzt, dessen Seelentempel gleicht nicht einem entweihten
Heiligtum. Brüder und Schwestern, ich rufe euch auf im Namen Jesu Christi von
Nazareth: Wirkt dort, wo Gott wirkt! Jetzt ist der Tag, ein gnädiges Vorrecht in
Anspruch zu nehmen.” RH 23.7.1889
Von einer Versammlung in South-Lancaster schreibt E.G. White:
”Nie habe ich ein Erweckungswerk mit solcher Gründlichkeit sich
ausbreiten und dabei so frei von aller unpassenden Erregung bleiben sehen. Es
gab kein Drängen oder Auffordern. Die Menschen wurden nicht nach vorn aufs
Podium gerufen, aber es herrschte der feierliche Eindruck, dass Christus
gekommen war, nicht um die Gerechten, sondern um die Sünder zur Buße zu rufen.
Die ein feines Herz hatten, waren bereit, ihre Sünden zu bekennen und, soweit es
in ihrer Macht lag, durch Buße und Erneuerung Gott Früchte zu bringen. Es
schien, als atmeten wir Himmelsluft. Es schwebten wirklich Engel um uns. Am
Freitagnachmittag begann der gemeinsame Gottesdienst um fünf Uhr; er schloss
erst gegen neun... Viele legten Zeugnis ab, dass sie sich, nachdem die Wahrheit
in ihr Herz gedrungen sei, als Gesetzesübertreter schuldig gesehen hätten; dass
sie zuvor auf ihre eigene Gerechtigkeit vertraut hätten, die im Vergleich zu der
vor Gott allein geltenden Gerechtigkeit Christi ein unflätig Kleid ist.” RH
5.3.1889
Solche Zitate sind in der Tat ermutigend. Sie zeigen uns, was E.G. White
meinte, als sie etwas später von dem Wirken der Prediger Waggoner und Jones
spricht: "...all das Gute, was sie in den wenigen vergangenen Jahren getan
haben...” So erfreulich die Aussage über die Annahme der Botschaft beim Volke
auch sein mag, so muss an dieser Stelle darauf verwiesen werden, dass man sich
nicht, wie dies leider vielfach geschehen ist, dazu verleiten lassen darf,
gewisse oberflächliche Schlussfolgerungen daraus zu ziehen, die mit einem ganzen
Aufgebot unmissverständlicher Aussagen späteren Datums im Widerspruch
stehen.
Eine Anzahl von neuerlich erschienenen Werken möchten es gern wahrhaben,
dass die Botschaft von Waggoner und Jones trotz anfänglicher Krise schließlich
doch allgemein die Oberhand gewonnen hätte und angenommen wurde. Diese Meinung
lässt sich in keiner Weise mit den aus vielen Quellen nachweisbaren
geschichtlichen Tatsachen vereinbaren. Die Minneapolis-Epoche war laut Aussagen
von E.G. White eine Parallele zu bestimmten negativen Erfahrungen des alten
Judenvolkes, aus dessen Beispiel wir leicht ersehen können, wie folgenschwer
Verkennung und Missdeutung der eigenen Geschichte werden kann. Zu dieser späten
Stunde können wir es uns nicht mehr erlauben, uns mit der halben Wahrheit über
einen der wichtigsten Abschnitte unserer Vergangenheit zu begnügen. Diese
Vergangenheit ist es, die unsere Gegenwart prägt. Wer sie falsch auslegt, hat
keine Hoffnung, unsere merkwürdige gegenwärtige Lage verstehen zu können und
folgerichtig zu handeln. Die durch die Tätigkeit von Waggoner und Jones 1888 in
Erscheinung tretenden Erweckungen in den verschiedenen lokalen Gemeinden waren
nur kurzlebig. Das lag nicht an der Botschaft, auch noch nicht einmal so sehr
beim Volke selbst, sondern großenteils an der Führung.
Ein Jahr nachdem E.G. White jenen Bericht über den Eingang der Botschaft
in South- Lancaster gab, geht sie noch einmal darauf ein: ”Ich sah, dass
die Botschaft von der Macht Gottes begleitet wurde, wo immer sie verkündigt
wurde. Man konnte den Menschen in South- Lancaster nicht ausreden, dass die an
sie gelangende Botschaft eine Botschaft des Lichtes war... Gott hat seine Hand
darin und wirkt. Wir arbeiteten in Chicago; erst nach einer Woche kam es in den
Versammlungen zürn Durchbruch. Wie eine Flut der Herrlichkeit ergoss sich der
Segen Gottes über uns, als wir auf das Lamm Gottes verwiesen, das hinwegnimmt
die Sünden der Welt. Der Herr offenbarte seine Herrlichkeit, und wir gewahrten
die tiefe Wirkung des Heiligen Geistes.”
Doch dann wird im gleichen Artikel
diese offene Frage gestellt: "Ich habe versucht, euch die Botschaft darzulegen,
so wie ich sie verstanden habe, doch wie lange wollen die, welche an der Führung
des Werkes stehen, sich von Gottes Botschaft fernhalten?” RH
18.3.1890
Nicht nur hielt sich die Leitung von der Botschaft fern, sondern,
wie schon zuvor angeführt, sie stand ihr im Wege: ”Von euch, die ihr der
Wahrheit im Wege steht, verlangen wir dringend, dem Volke Gottes die Bahn frei
zu machen. Lasst das himmlische Licht in klaren, stetigen Strahlen auf alle
scheinen.” RH 27.5.1890 ”Der Herr hat Boten erweckt und mit seinem Geist
ausgerüstet. Er hat ihnen aufgetragen: 'Rufe getrost, schone nicht, erhebe deine
Stimme wie eine Posaune und verkündige meinem Volk ihre Übertretungen und dem
Hause Jakob ihre Sünden.’ Niemand wage es, sich zwischen das Volk und die
Himmelsbotschaft zu stellen.” RH 26.6.1892
”Viele haben die Wahrheit gehört, die unter der Demonstration des
Heiligen Geistes gesprochen wurde, und sich nicht nur geweigert, das Licht
anzunehmen, sie haben das Licht gehasst. Diese Männer ergreifen Partei zum Ruin
ihrer eigenen Seelen. Sie haben sich zwischen das vom Himmel gesandte Licht und
das Volk gestellt. Sie haben das Wort Gottes mit Füßen getreten und gegen seinen
Heiligen Geist gehandelt. Ich rufe das Volk Gottes auf, die Augen zu öffnen.
Wenn ihr die Entscheidung von Männern gutheißt oder befolgt, von denen ihr
wisst, dass sie nicht im Einklang mit der Wahrheit und Gerechtigkeit stehen, so
schwächt ihr euren eigenen Glauben.” 4.6.1896 TM 91
Das zeigt, wie berechtigt E.G. Whites warnende Bemerkung schon 1888 war:
"Wenn ihr das Licht nicht selbst seht, werdet ihr eure Herzen
verschließen und, wenn ihr könnt, verhindern, dass die Lichtstrahlen das Volk
erreichen. Lasst nicht von diesem hochbegünstigten Volk gesagt werden: 'Ihr
kommt nicht hinein und wehret denen, die hinein wollen.’”
Es wäre weitaus angenehmer, bei jener These zu bleiben, dass die auf
Grund der Tätigkeit der drei Wahrheitsverteidiger hervorgerufenen Erweckungen in
den Jahren 1889, 1890 den Anfang einer allgemeinen und weltweiten Annahme der
Botschaft kennzeichneten und dass danach Prediger und Volk generell und durchweg
die Darlegungen von Minneapolis angenommen hätten (so das Literature Defence
Committee der General Conference). Diese Ansicht hält jedoch einer genauen
Untersuchung und Gegenüberstellung von Aussagen nicht stand.
Die Erweckungen
in South-Lancaster sowie an vielen anderen Orten waren in der Tat echt und von
Gott. Doch was ihre Bedeutung im Gesamtplan Gottes anbetrifft, so waren sie nur
ein Beweis denen gegenüber, die die Botschaft als fanatisch und extrem
bezeichnet hatten. Hiermit stellte der Herr unter Beweis, dass sie im Unrecht
waren:
"Obwohl entschiedene Anstrengungen gemacht worden sind, der von Gott
gesandten Botschaft die Wirkung zu nehmen, beweisen ihre Früchte, dass sie der
Quelle des Lichtes und der Wahrheit entstammen.” Brief an Olsen, 1892
Von Fanatismus war nicht die geringste Spur
erkennbar:
"Nie habe ich ein Erweckungswerk mit solcher Gründlichkeit sich
ausbreiten und dabei so frei von allen unpassenden Erregungen bleiben
sehen.”
*Über Waggoner machte man sich sogar lustig wegen seiner äußeren
Erscheinung: Er war nämlich klein.
"Früchten” der Botschaft nicht die zu einer Umkehr notwendigen
Schlüsse zog.
"Der Geist Gottes ist in Macht unter seinem Volke zugegen
gewesen, konnte aber nicht verliehen werden, weil sie ihre Herzen nicht
öffneten, ihn zu empfangen. Nicht den Widerstand der Welt haben wir zu fürchten,
unter uns selbst sind Elemente am Wirken, die der Botschaft entgegenstehen...
"Brief an die General-Konferenz 1893
"Wenn ihr das während
der letzten zwei Jahre die Gerechtigkeit Christi verkündigende Zeugnis zum
Schweigen brächtet, wen könntet ihr nennen, der dem Volk besonderes Licht
bringen würde?” RH 18.3.1890
”Sie begannen dieses satanische Werk in Minneapolis. Nachher, als
sie die Kundgebungen des Heiligen Geistes sahen und fühlten, mit denen bezeugt
wurde, dass die Botschaft von Gott kam, hassten sie sie umso mehr, weil es ein
Zeugnis gegen sie war. Sie wollten ihre Herzen nicht zur Buße demütigen und Gott
die Ehre geben, indem sie für das Recht eintraten. Sie fuhren in ihrem Geiste
fort, erfüllt mit Neid, Eifersucht und bösem Argwohn, so wie die Juden es taten.
Sie öffneten dem Feinde Gottes und des Menschen ihre Herzen. Und dennoch haben
diese Männer hohe Stellungen inne, sie haben das Werk, soweit sie es auch nur
konnten, nach ihren eigenen Vorstellungen ausgerichtet.” 1.5.1895 TM 80
"Ich
weiß, dass der Herr einen Segen für uns hat. Er hatte einen Segen für uns in
Minneapolis und ebenfalls zu der Zeit der General-Konferenz (1889), hier. Aber
der Segen wurde nicht in Empfang genommen. Einige empfingen das Licht mit
Freuden. Doch andere hielten sich ganz zurück; und ihre Stellung hat anderen Mut
gemacht, Unglauben zu hegen, zu verbreiten... Wenn es möglich ist, möchte ich
von hier fort sein, ehe ich den letzten Funken Energie verliere.“16.3.1890
Sermon in Battle Creek
Durch den anhaltenden Widerstand der Leitung, die sich zwischen
das Volk und das Licht stellte, kam Verwirrung:
"Seit nun fast zwei Jahren
nötigen wir die Menschen immer wieder, sich aufzuraffen und das Licht, die
Wahrheit über die Gerechtigkeit Christi anzunehmen. Aber sie wissen nicht, ob
sie diese köstliche Wahrheit sich zu Eigen machen sollen oder nicht. Sie sind
zutiefst in eigene Vorstellungen verstrickt; sie lassen den Heiland nicht in
ihre Herzen ein.” RH 11.3.1890
"Unsere jungen Männer schauen auf unsere älteren Brüder; wenn sie
aber sehen, dass diese die Botschaft nicht annehmen, sondern so behandeln, als
sei sie bedeutungslos, werden sie, da sie die Schrift nicht kennen, dahin
beeinflusst, das Licht abzuweisen. Diese Männer, die die Wahrheit nicht annehmen
wollen, stellen sich zwischen das Volk und das Licht.”
RH
18.3.1890
Die fortwährenden (fast ermüdenden) Andeutungen E.G. Whites
während dieser Zeit, dass wir im Begriff seien, gewisse Erfahrungen des
jüdischen Volkes zu wiederholen, hatten ihre Berechtigung. Das Volk hätte die
Botschaft gerne angenommen, wenn die Leitung sich unvoreingenommen auf die
richtige Seite gestellt oder zumindest zugelassen hätte, das Licht unentstellt
und ohne Hindernisse und Widerstand auf das Volk scheinen zu lassen.
"Die
Brüder stimmten dem von Gott gesandten Licht zu, doch da waren die, die mit
unseren Anstalten verbunden sind, besonders mit dem ’Review and Herald’ und der
Konferenz, die Elemente des Unglaubens einführten, so dass nicht auf das
gegebene Licht hin gehandelt wurde.” 1901 GCB 23
Zwischen den Zitaten, die von-den Erweckungen in den Gemeinden
sprechen, und denen, die aussagen, dass die Botschaft verworfen wurde, besteht
nicht der geringste Widerspruch. Es war genau wie zurzeit Jesu. Das einfache
Volk hörte ihn gern und empfing den Segen. Wären die Priester und Rabbiner nicht
dazwischengetreten, würde seine Lehre die größte Reformation verursacht haben,
die die Welt je gesehen hat. DA 205
Was dem Volk allerdings gesagt werden muss, ist das, was E.G.
White gerade auf der Minneapolis-Konferenz so hervorhob. - "Ich ermahne euch,
baut euer Vertrauen auf Gott. Vergöttert keinen Menschen. Macht euch nicht von
Menschen abhängig.” Predigt 24.10.1888
Der fortwährende offene und versteckte Widerstand der Führung einerseits
und die unentschiedene, gleichgültige Haltung andererseits brachten Verwirrung
ins Volk, wenngleich es willig war, die Botschaft anzunehmen. Der Heilige Geist
wurde gedämpft, die Bewegung erstickte, und die Wahrheit verlor ihre
Wirkung.
"Niemandem ist es erlaubt, die Zugänge, durch welche das Licht an
das Volk gelangen soll, zu versperren. Sobald das geschieht, erlischt der Geist
Gottes.” 1888 Sermons 63
"Der aus dem Widerstand gegen Licht und Wahrheit von Minneapolis
entstandene Einfluss neigt dazu, das dem Volke Gottes durch die Zeugnisse
geschenkte Licht wirkungslos zu machen... denn einige jener, die
verantwortungsvolle Stellungen innehatten, wurden von dem Geist durchdrungen,
der in Minneapolis vorherrschte, ein Geist, der das Wahrnehmungsvermögen des
Volkes verdunkelte.” Brief an die General-Konferenz 1893
Wie bedeutsam war doch im Lichte all dessen die Ermahnung, die im
September 1889 an das Adventvolk erging.
”Der Feind Gottes und der Menschen ist entschieden dagegen, dass
diese Wahrheit (Rechtfertigung durch den Glauben) klar verkündet wird; denn er
weiß, dass, wenn das Volk sie voll aufnimmt, seine Macht gebrochen ist. Wenn er
aber die Herzen derer, die Kinder Gottes zu sein beanspruchen, so beherrschen
kann, dass ihre Glaubenserfahrungen aus Zweifel, Unglauben und Dunkelheit
bestehen, dann kann er sie durch Versuchungen überwältigen.” RH
3.9.1889
"Unsere gegenwärtige Lage ist gespannt und gefahrvoll. Wir stehen in der Gefahr, Licht vom Himmel zurückzuweisen; darum müssen wir sorgsam auf unser Gebetsleben achten, damit wir nicht ein böses Herz des Unglaubens bekommen.” ebd.
BEKENNTNIS
In letzter Zeit wurde viel darüber geschrieben, dass die Gegner der Botschaft "Christus unsere Gerechtigkeit” innerhalb von drei, vier Jahren ihren Irrtum eingesehen, bereut und den Weg für eine generelle Annahme der Botschaft freigegeben hätten. Trotz anfänglicher Schwierigkeiten sei die Botschaft immer mehr durchgedrungen - bis zu ihrem endgültigen Sieg 1901 - und seit der Zeit immer völliger verkündigt worden.
Wenn das tatsächlich der Fall wäre, befände sich die STA-Gemeinde zur
gegenwärtigen Zeit in einer lobenswerten Lage, jedenfalls in einem viel besseren
Zustand als zurzeit vor 1888. Die Macht Satans wäre gebrochen. Dass dies aber
wahrhaftig nicht der Fall ist, weiß jeder Aufrichtige nur allzu gut. Als Beweis
dafür, dass die Botschaft angenommen worden sei, wird oft angeführt, dass die
Hauptgegner ihr Verhalten eingesehen und bereut hätten. Im Januar 1891 berichtet
E.G. White über eine Begegnung mit Uriah Smith wie folgt: "Am Montag kam
Prediger Smith zu mir. Wir hatten ein ernstes, tiefgehendes Gespräch. Ich konnte
erkennen, dass er einen ganz anderen Geist hatte als vor Monaten. Er war nicht
hart und unempfänglich. Er fühlte die Worte, mit denen ich ihm getreulich vor
Augen führte, welchen Weg er eingeschlagen und welchen Schaden er durch diese
Stellung angestellt hatte. Er sagte, er wolle mit den Zeugnissen und dem Geist
Gottes in Einklang kommen. Ich hatte ihm einen dreizehn Seiten langen Brief, der
deutliche Worte enthielt, geschrieben.
Am Dienstag kam er wieder zu mir und bat um eine Zusammenkunft
mit einigen bestimmten Leuten, auf der er etwas sagen wolle. Ich sagte zu.
Gestern, Mittwoch, kam es zu dieser Zusammenkunft im Büro. Prediger Smith las
allen meinen an ihn gerichteten Brief vor und sagte, er nehme dies alles von
Gott an. Er bezog sich dann auf die Minneapolis- Konferenz und bekannte, dass er
durch seine Einstellung eine sehr schwere Last auf mich geworfen hatte. Bruder
Rupert bekannte ebenfalls, und wir hatten ein sehr gewinnbringendes,
ausgezeichnetes Treffen. Bruder Smith ist auf den Fels gefallen und zerbrochen.
Der Herr Jesus wird nun mit ihm arbeiten. Als er den Raum verließ, nahm er meine
Hand und sagte: 'Wenn der Herr mir die Sorgen und Lasten, die ich dir
aufgebürdet habe, vergibt, dann, sage ich dir, war es das letzte Mal. Ich will
deine Hand stützen. Die Zeugnisse Gottes sollen diese Stellung in meiner
Erfahrung behalten.’ Selten vergießt Prediger Smith Tränen. Doch diesmal weinte
er, seine Stimme war mit Tränen erstickt. So kannst du sehen, dass ich Grund zur
Freude und zum Lob gegenüber dem Herrn habe.” 1891 Brief 32
Aus diesem Bericht ist leicht zu erkennen, dass der Engel des Herrn noch
immer am Wirken war, der Botschaft zum großen Durchbruch zu verhelfen. Um diese
Zeit legten andere ebenfalls Bekenntnisse ab. Ein Werk der Reue und der Umkehr
hatte begonnen. Die Gelegenheit, den Spätregen zu empfangen, war trotz allem,
was geschehen war, noch nicht verstrichen.
E.G. White hoffte und glaubte fest, dass nun alles gut würde. Sich auf
das Bekenntnis von Prediger Smith beziehend, sagte sie: ”Der Herr Jesus wird nun
mit ihm arbeiten!” Was sollte nun geschehen? Uriah Smith war Herausgeber des
”Review and Herald” und hatte in dieser Tätigkeit seinen großen Einfluss gegen
Waggoner und Jones geltend gemacht. Er hätte jetzt mit Bekenntnis und
Wiedergutmachung durch den "Review and Herald” und somit in der Einfluss Sphäre,
in welcher er bislang seine Gegnerschaft zu Waggoner und Jones bekundet hatte,
weitergehen sollen. Schon im Dezember 1890 war folgende Instruktion bezüglich
gründlicher Wiedergutmachung gekommen: "Für das geringste Unrecht, das ihr
einander getan habt, verlangt Gott von euch, euren Fehler zu bekennen, nicht nur
bei demjenigen, den ihr verletzt habt, sondern allen denen gegenüber, die durch
euren Einfluss dazu geführt wurden, ihren Bruder in einem falschen Lichte zu
sehen und das ihm von Gott gegebene Werk wirkungslos zu machen.” RH
16.12.1890.
Das wurde nicht befolgt. Im Gegenteil, im "Review and Herald” erschienen
weiterhin Artikel, die sich offen sowohl gegen Waggoner als auch Jones
richteten, woraus einhellig hervorgeht, dass man die besonderen Boten Gottes und
das Werk, das der Herr durch sie tun wollte, immer noch nicht verstand und
anerkannte.
Niemand wird die Aufrichtigkeit der Bekenntnisse anzweifeln oder gar in Erwägung ziehen wollen, ob diese Brüder selig werden. Diese Gedanken stehen alleine Gott zu. Wir lassen die Toten ruhen und glauben und hoffen, dass sie errettet sind. Nichtsdestoweniger kommen wir mit keinerlei auch noch so plausibel erscheinenden Erklärungen um die Tatsache herum, dass die abgelegten Bekenntnisse der Brüder nicht ausreichten, um den Spätregen herbeizuführen. So merkwürdig sich folgende Worte aus der Feder des Geistes der Weissagung damals auch angehört haben mögen, erkennen wir, von unserer Warte heute zurückblickend, ihre tiefe Bedeutung: "Prediger Smith sagte, dass das Zeugnis ihn beträfe, er glaube, es sei an ihn gerichtet; aber er blieb stehen und ging nicht weiter. Beide (Prescott und Smith) jedoch stellten sich zu den Reumütigen und Gottsuchenden...” 1891 Brief 32
Man ging nicht weiter. Nie erschien ein öffentliches
Eingeständnis der Schuld im "Review and Herald” oder in einem anderen
offiziellen Organ. Auch wurden solche Bekenntnisse viel mehr bei E.G. White
abgelegt und nicht so sehr gegenüber Waggoner und Jones. Für den Spätregen war
das nicht genug."Eure Reue geht nicht tief genug... Reue, die durch
vorübergehende Gefühlserregung hervorgerufen wird, ist eine Reue, die bereut
werden muss, denn sie ist irreführend.” Elmshaven Leaflets, Methods Nr.
11
Dass der Geist von Minneapolis kurze Zeit nach den Bekenntnissen wieder
auflebte, ist ein untrügliches Zeichen einer nur oberflächlichen Reue. Im Jahre
1893 geht E.G. White darauf ein:
"Danach sah er (ein australischer Bruder namens Foster) im
’Review’ den Artikel von Bruder A.T. Jones über das Bild des Tieres, und dann
den von Prediger Smith, der die gegenteilige Ansicht vertrat. Bruder Foster war
verwirrt und verstört. Vom Lesen der Artikel von Waggoner und Jones hatte er
viel Licht und Trost empfangen, und nun kam einer der alten Arbeiter, einer, der
viele unserer Gemeindebücher geschrieben hatte, einer, von dem er geglaubt
hatte, dass er unter der Leitung Gottes stünde, und scheint mit Bruder Jones im
Konflikt zu stehen. Was sollte das bedeuten? War Bruder Jones im Unrecht? Wer
war im Recht? Er wurde verwirrt. Auf wen kann man sich verlassen, wenn
bedeutsame Arbeiter im Werke Gottes in der gleichen Zeitschrift gegenteilige
Stellungen einnehmen? Wem sollen wir glauben? Wer hat die richtige Stellung...?
Wenn sich Prediger Smith vor Herausgabe des Artikels von Prediger Jones mit ihm
beraten und ihm verdeutlicht hätte, dass sich seine Ansicht von der des Bruders
Jones unterschied und dass er im Falle des Erscheinens des Artikels auch die
gegenteilige Stellung darlegen müsse, dann läge die Sache ganz anders. Der
hierin eingeschlagene Weg ist jedoch der gleiche wie der von Minneapolis. Die
Gegner von Waggoner und Jones zeigten keine Neigung, ihnen wie Brüder
entgegenzutreten und die unterschiedlichen Punkte in christlichem Geiste, mit
der Bibel in der Hand, unter Gebet zu untersuchen. Nur solch ein Weg hat die
Zustimmung Gottes. Wer das in Minneapolis nicht zu tun bereit war, stand unter
der Mißbilligung Gottes. Und trotzdem geht dieser blinde Kampf weiter... Wir
wissen, daß Bruder Jones die Botschaft für diese Zeit hat - Speise zur rechten
Zeit für die hungernde Herde Gottes - ...Die Konferenz in Minneapolis war für
alle, die ihr beiwohnten, eine goldene Gelegenheit, ihre Herzen vor Gott zu
demütigen und Jesus als den großen Lehrer willkommen zu heißen. Doch die
Stellung, die von einigen dort bezogen wurde, diente zu ihrem Untergang. Seit
der Zeit haben sie nie klar sehen können und werden es auch nie, denn sie hegen
hartnäckig den Geist, der dort vorherrschte, einen bösen, kritischen,
denunzierenden Geist. Seit jener Zusammenkunft ist doch Licht und Beweis in
reichem Maße gnädiglich erbracht worden, so dass alle die Wahrheit verstehen
könnten. Die, die damals verblendet waren, könnten inzwischen das Licht
angenommen haben. Wäre es nicht um des Stolzes ihres eigenen aufrührerischen
Herzens, so könnten sie sich an der Wahrheit erfreuen, wie sie in Jesus ist. Im
Gericht werden sie gefragt werden: 'Wer hat von euch verlangt, euch gegen die
Botschaft und Boten zu erheben, die ich mit Licht, Gnade und Macht an mein Volk
aussandte? Warum habt ihr eure Seelen gegen Gott erhoben? Warum habt ihr mit
eurem verderbten Geist den Weg versperrt? Und warum habt ihr nicht nachher, als
Beweise angehäuft waren, eure Herzen vor Gott gedemütigt und die Verwerfung der
von ihm gesandten Gnadenbotschaft bereut?’” Melbourne, 9.1.1893
Es sollte darüber hinaus, wie es auch in den letzten Sätzen dieses
Zitates zum Ausdruck kommt, nicht außer Acht gelassen werden, dass den
Bekenntnissen mächtige göttliche Beweise und Bekundungen für die Botschaft
vorausgingen und man sich schließlich regelrecht gezwungen sah, ihr
beizupflichten. E.G. White sagte diesbezüglich 1890:
”Die gegenwärtigen Bekundungen seines Wirkens sind euch offenbart
worden, und ihr seid nun verpflichtet zu glauben.” TM 466
Später sagte sie: "Einige fühlten sich durch dieses Ausgießen
(des Heiligen Geistes) gestört. Sie sagten: Das ist nur eine Gefühlserregung; es
ist nicht der Heilige Geist, es ist nicht das Fallen des Spätregens vom Himmel.
Es waren dort Herzen voll Unglauben, welche nicht vom Geiste tranken... Oftmals
wirkte der Heilige Geist. Die dem Geiste Gottes in Minneapolis widerstanden,
warteten auf eine Gelegenheit, nochmals den gleichen Weg zu gehen, denn ihr
Geist war der gleiche. Nachher, als Beweis auf Beweis vorlag, ließen sich einige
überführen. Aber die, welche sich nicht von dem Wirken des Heiligen Geistes
erweichen und unterwerfen ließen, gaben jeder Kundgebung seines Wirkens ihre
eigene Auslegung und haben viel verloren. In ihren Herzen und Worten erklärten
sie diese Bekundungen des Heiligen Geistes als Fanatismus und Verführung. Sie
standen wie ein Felsen, umflossen von den Wogen der Gnade, die durch ihre
harten, bösen, dem Heiligen Geist widerstrebenden Herzen zurückgeschlagen
wurden.” ST A6 20
Dass die Bekenntnisse dennoch aufrichtig und die Reue der Brüder echt
war, darf man getrost glauben. Dass aber ihre Früchte weder andauerten noch
fortschritten, ist ein durch viel stichhaltiges Beweismaterial festgelegter
Umstand, den wir nicht übergehen können.
Es ist, im Gegensatz zu Satan, nicht Gottes Art, Sünden oder Fehler, die
wirklich bekannt und bereut wurden, noch zu erwähnen oder gar immer wieder
vorzuhalten. Umso schwerwiegender müssen uns darum die Aussagen des Geistes der
Weissagung sein, die selbst Jahre nach den in Frage kommenden Bekenntnissen
prominenter Gegner der Botschaft immer noch die Sünde von Minneapolis
aufgreifen. Es wäre uns als Volk bestimmt weitaus angenehmer, diese unliebsamen
Dinge zu übersehen, doch das können wir nicht tun, ohne der offenen Gefahr einer
geschichtlichen Unwahrheit in die Arme zu laufen. Wenn sich der Geist der
Weissagung so lange nach Minneapolis und selbst nach den Bekenntnissen von 1891
immer noch negativ über diese Konferenz und ihre Folgen ausspricht, so sind wir
gezwungen, unsere Version von der "schließlichen allgemeinen Annahme der
Botschaft” erneut zu überprüfen. Hier einige Beispiele von Aussagen betreffs
Minneapolis noch nach 1891.
"Einige unserer Brüder sind, voll Eifersucht und bösem Argwohn, immer bereit zu zeigen, in welcher Weise sie sich von den Brüdern Jones und Waggoner unterscheiden. Derselbe Geist, der sich in der Vergangenheit offenbarte (1888), offenbart sich jetzt (1892) bei jeder Gelegenheit. Das kommt nicht vom Geiste Gottes. Es werden Botschaften kommen, die in den Ohren derer, die die Botschaft Gottes verwarfen, höchst erstaunlich klingen werden. Der Geist Gottes wird die Ankündigungen in eine Heiligkeit und Feierlichkeit kleiden, die für solche schrecklich sein wird, die den Ruf der unendlichen Liebe hörten und das Angebot der Vergebung nicht annahmen. Die verletzte und beleidigte Gottheit wird sprechen und verborgene Sünden verkündigen. So wie die Priester und Führer bei der letzten Szene der Tempelreinigung voller Empörung und Schrecken die Flucht ergriffen, so wird es sein in dem Werk dieser letzten Tage.” ST A7 54, 55
"Doch die Unzufriedenheit mit eurem geistlichen Zustand war nicht tief und schmerzlich genug, um eine Reform zu bewirken.... Mein Herz ist tief betrübt, wenn ich sehen muss, wie schnell ein Wort oder eine Handlung der Brüder Waggoner und Jones kritisiert wird.” Brief 1.9.1892
”Die Lichtstrahlen, die in Minneapolis leuchteten, sollten ihre
gewissensüberführende Macht an denen ausüben, die sich gegen das Licht stellten.
Wenn sich damals alle übergeben und ihren Willen dem Geiste Gottes unterstellt
hätten, hätten sie die reichsten Segnungen empfangen, den Feind enttäuscht und
wären als treue, nach ihrer Überzeugung handelnde Männer erfunden worden.” Brief
an Olsen, 19.10.1892
”Das Licht, welches die ganze Erde mit seiner Klarheit erfüllen
soll, ist von einigen verachtet worden, die vorgeben, der gegenwärtigen Wahrheit
zu glauben.” TM 89
”Ich kann nie die Erfahrung vergessen, die wir in Minneapolis machten,
oder die Dinge, die mir offenbart wurden betreffs des Geistes, der die Menschen
beherrschte, der Worte, die gesprochen wurden, der Handlungsweise, in der man im
Gehorsam gegenüber den Mächten des Bösen vorging... Ein anderer Geist bewegte
sie auf der Tagung und sie wussten nicht, dass Gott diese jungen Männer gesandt
hatte, um ihnen eine besondere Botschaft zu bringen; sie behandelten diese
Botschaft mit Spott und Verachtung, ohne zu erkennen, dass sie von himmlischen
Wesen beobachtet wurden.
Ich weiß, dass der Geist Gottes zu der Zeit beleidigt war, und
wenn ich etwas sehe, das derselben Handlungsweise nahesteht, bin ich sehr
betrübt.” 1892 MS 24
Sie hatten ihre Sünde zwar bekannt, doch es war nicht gründlich genug.
Nie wurde die Axt an die Wurzel gelegt:
”Die Vorurteile und Meinungen, die in Minneapolis vorherrschend
waren, sind keineswegs verschwunden. Der Same, der dort in einigen Herzen gesät
wurde, ist im Begriff aufzusprießen und dieselbe Ernte zu bringen. Zwar waren
die Spitzen abgeschnitten, aber die Wurzeln sind nie vernichtet worden; sie
bringen immer noch ihre ungeheiligten Früchte, welche das Urteils- und
Wahrnehmungsvermögen vergiften und entstellen und den Verstand derer verblenden,
mit welchen ihr euch betreffs der Botschaft und der Botschafter verbindet. Erst
wenn die Wurzeln der Bitterkeit durch gründliches Bekenntnis vernichtet sind,
werdet ihr Gottes Licht als Licht erkennen. Ohne dieses
gründliche Vorgehen werdet ihr eure Seelen niemals säubern.” 1893 GCB
184
Es stimmt nicht, dass nur einige einzelne die Botschaft ablehnten. Warum
belastete der Geist der Weissagung hier immer noch die ganze Versammlung der
General-Konferenz mit dieser unangenehmen Sache, und warum spricht sie im
folgenden Zeugnis durch den "Review and Herald” das ganze Volk an?
”Oh, wie wenige wissen den Tag ihrer Heimsuchung! Wir sind davon
überzeugt, dass trotz der unaussprechlichen Gunsterweisungen Gottes geistige
Blindheit und Herzenshärte unter seinem Volk herrscht... Wenige dienen dem Herrn
heute von ganzem Herzen.
Die meisten, die zu unseren Versammlungen gehören,
sind geistlich tot in Übertretungen und Sünden... Die schönsten Melodien, die
durch menschliche Lippen von Gott kommen - Rechtfertigung durch den Glauben und
die Gerechtigkeit Christi -, erwecken in ihnen keinen Ausdruck der Dankbarkeit
und Liebe... Erwachet, erwachet, ehe es für immer zu spät ist.” RH
4.4.1893
"Wenn Gott ihr Leben verschont und sie denselben Geist hegen, der
ihre Handlungweise vor und nach der Minneapolis-Konferenz kennzeichnete, dann
werden sie sich mit den Taten derer messen können, die Christus während seines
Erdenwandels verdammte.” E.G. White 1895
"Eine fehlende Bereitschaft zur Aufgabe von Vorurteilen und
Annahme der Wahrheit war der Grund für den weitgehenden Widerstand, der sich
gegen die von den Brüdern Waggoner und Jones in Minneapolis verkündete Botschaft
des Herrn richtete. Durch die Erweckung jenes Widerstandes gelang es Satan in
einem großen Ausmaß, die besondere Kraft des Heiligen Geistes, die Gott den
Seinen mitzuteilen wünschte, von unserem Volk fernzuhalten. Der Feind
verhinderte es, dass sie mit jener Tüchtigkeit ausgerüstet wurden, die sie bei
der Verkündigung der Wahrheit in der Welt ebenso wie die Apostel nach Pfingsten
hätten besitzen können. Man widerstand dem Licht, das die ganze Erde mit seiner
Klarheit erleuchten sollte, und durch die Handlungsweise unserer eigenen Brüder
wurde in einem großen Maße jenes Licht von der Welt ferngehalten.” E.G. White
6.6.1896, I. Selected Messages 234, 235
Weitere Zeugnisse aus dem Jahre 1896, die immer noch auf Minneapolis zurückweisen als einer Sache, die bei weitem noch nicht in Ordnung gebracht war:
"Wenn man doch endlich den Geist des Widerstandes gegen den
Heiligen Geist aufgeben würde - den Geist, der so lange ihre religiöse Erfahrung
durchsäuerte -. dann könnte der Geist Gottes ihre Herzen ansprechen. Er würde
sie der Sünde überführen. Welch ein Werk! Aber der Heilige Geist wurde beleidigt
und das Licht verworfen. Ist es denen, die seit Jahren verblendet sind, möglich
zu sehen? Ist es möglich, dass zu dieser späten Stunde ihres Widerstandes ihre
Augen noch gesalbt werden?” Geschrieben von Australien 18%, TM 393”Dass man den
aufrührerischen Geist von Minneapolis weiterhin am Leben hält, ist eine
Beleidigung Gottes. Der ganze Himmel ist über den Geist entrüstet, der sich seit
Jahren in unserer Verlagsanstalt Battle Creek offenbart.” Cooranbong,
5.5.1896
”Ich möchte diejenigen warnend ansprechen, die seit Jahren dem
Lichte widerstreben und den Geist des Widerstandes hegen. Wie lange wollt ihr
die Boten der Gerechtigkeit Gottes hassen und verachten? Ich möchte euch
weissagen: ’Es sei denn, ihr demütigt euch vor Gott und bekennt eure
Sünden, deren viele sind, so werdet ihr, wenn es zu spät ist, erkennen,
dass ihr gegen Gott gekämpft habt. Durch die Überführung des Heiligen Geistes,
die dann aber nicht mehr zur Reformation und Vergebung gereicht, werdet ihr
erkennen, dass diese Männer, gegen die ihr geredet habt, als Zeichen in der Welt
standen, als Zeugen für Gott... Fahrt noch ein wenig fort in Verwerfung des
himmlischen Lichtes, dann seid ihr verloren.’ ” ebd. 4.6.1896
”Liebe Brüder
in verantwortlichen Stellungen des Werkes! Der Herr hat eine Auseinandersetzung
mit euch. Den Grund dazu brauche ich nicht besonders zu erläutern - er ist euch
wieder und wieder vorgelegt worden... Genau der gleiche Geist hat sich in Battle
Creek gezeigt. Die, welche die Türen ihrer Herzen der Versuchung in Minneapolis
öffneten und diesen selben Geist mit sich nach Hause trugen, werden, wenn auch
nicht jetzt, in naher
Zukunft erkennen, dass sie dem Heiligen Geist
widerstanden und sich gegen den Geist der Gnade gestellt haben. Werden sie
bereuen? Oder werden sie ihre Herzen verstocken und den Beweisen trotzen?”
"Avondale”, Cooranbong, 16.1.1896
”Feder und Worte vermögen nicht meine Betrübnis wiederzugeben.
Zweifelsohne handelte Prediger... so wie Aaron bezüglich der Männer, die seit
Minneapolis immer dem Wirken Gottes widerstanden. Sie haben ihre Handlungsweise,
dass sie dem Licht und den Beweisen widerstanden, nicht bereut.” "Sunnyside”,
Cooranbong, 27.8.1898
"Szenen, die für einen Christen eine Schande sind, wurden mir
gezeigt. Es waren Ratsversammlungen, die nach der Minneapolis-Konferenz
stattfanden... Diese Versammlungen sollten aufgelöst worden sein, weil sie eine
Beleidigung Gottes waren. Der Herr wurde von denen, die zu Rate saßen, nicht als
Ehrengast behandelt; wie konnten sie da erwarten, dass göttliches Licht auf sie
fiel?
Der Herr wird die Übertretungen derer, die seitdem mit aufrichtiger
Reue bereut haben, auslöschen; aber jedes Mal, wenn derselbe Geist in der Seele
erwacht, werden die Taten von damals bejaht. Die Täter werden dann von Gott zur
Rechenschaft gezogen werden. Vor seinem Richterstuhl müssen sie sich
verantworten. Derselbe Geist, der die Verwerfer Christi trieb, schwelt in ihren
Herzen.” ebd. 31.5.1896
Alle diese wiederholten Aussagen Jahre nach den Bekenntnissen führender
Gegner der Botschaft bedeuten nicht, dass Gott das Bekenntnis der Brüder nicht
anerkennen wollte, sondern vielmehr, dass ihre Reue nicht tief genug, ihre
Wiedergutmachung nicht umfassend genug und die Annahme und Bejahung der
Botschaft nicht echt war. Von der Richtigstellung dieser Gegebenheiten hängt es
ab, ob für uns die Stunde gekommen ist, von der es damals hieß: Einmal werden
diese Dinge in ihrer ganzen Tragweite erkannt werden. Die Tragik einer
Wiederholung des Fehlers von Minneapolis wäre für uns heute unermesslich. Wenn
es stimmen würde, dass die Väter ihr Verhalten schließlich berichtigt und wir
als ein Volk die Botschaft angenommen hätten, wäre die Schlussfolgerung
gerechtfertigt, dass sie uns die Botschaft von Waggoner und Jones richtig
weitergegeben haben. Was wäre, wenn wir hierin einer Selbsttäuschung zum Opfer
gefallen sind? Was die Väter nicht annahmen, können sie den Kindern nicht
überliefern, noch können die Kinder es je von Gott selbst bekommen, wenn sie
nicht bereit sind, den Fehler der Väter einzusehen und daraus zu lernen.
Deswegen muss Minneapolis in seiner ganzen Tragweite erkannt werden. Der Herr
führt sein Volk wieder über dieselbe Stufe. Wir alle stehen in der Untersuchung
dieses Themas sozusagen in Minneapolis. Geradliniges Denken, unbestechliche
Konsequenz und eine gegenüber persönlichen Empfindungen rücksichtslose
Unparteilichkeit ist das Gebot der Stunde. In unserer Bereitschaft,
geschichtliche Fakten unbeschönigt anzuerkennen, mag sich sehr wohl unsere
Einstellung gegenüber der göttlichen Wahrheit überhaupt widerspiegeln.
Zahlreiche Beispiele sind diesem Volke gegeben, die zeigen sollten, wie
nichtig alle Bestrebungen nach geistlichem Fortschritt und Glaubenserneuerung
sind, wenn sie nicht von der richtigen Erforschung der Ursachen des schlechten,
gegenwärtigen Standes und von der kompromisslosen Anerkennung der daraus
resultierenden Fehler und Fehlverhalten, ungeachtet dessen, wie weit sie
zurückliegen, begleitet sind. Seit dem 2. Vatikanischen Konzil erlebte die
katholische Kirche einen Ruf nach Erneuerung, wie es ihn in dem Maße für sie
kaum gegeben hat. So aufrichtig wie dieses innere Verlangen auch sein mag,
göttliche Früchte wird es nicht zeitigen; fehlt doch dabei das Eingeständnis der
Schuld der Vergangenheit. Die katholische Kirche ist nach wie vor ungeneigt,
ihre eigene Rolle in der Vergangenheit richtig einzuschätzen, die Fehler der
Väter zuzugeben und zur Erkenntnis der eigentlichen Ursachen
ihres Verhaltens
im Mittelalter zu kommen. Gleichermaßen auch die protestantischen Kirchen heute.
Sie möchten gerne eine Erweckung. Sie kann jedoch nie kommen - jedenfalls nicht
eine echte -, wenn man nicht gewillt ist, die Ursachen des gegenwärtigen
Zustandes zu untersuchen und einzugestehen, dass ihre Väter in der ersten Hälfte
des 19. Jahrhunderts eine von Gott gesandte Botschaft verworfen haben.
Ein solches Eingeständnis läuft freilich dem alten Gemeindestolz eines
jeden Kirchenvolkes zuwider. Ohne echte Reue und richtige Demut kann jedoch eine
göttliche Erneuerung nicht stattfinden, und das, davon ist der Schreiber
zutiefst überzeugt, stellt den eigentlichen Grund dar, warum uns heute, drei
oder vier Generationen später, vom Geist Gottes die Minneapolis-An-gelegenheit
mit all ihren Konsequenzen nochmals vor Augen geführt wird.
"Möge der Herr verhüten, dass die Geschichte der Kinder Israel,
die von Gott abwichen und sich weigerten im Licht zu wandeln und ihre Sünden,
ihren Unglauben und ihre Verwerfung seiner Botschaften zu bekennen, zur
Erfahrung des Volkes wird, das vorgibt, der gegenwärtigen Wahrheit zu glauben.”
RH 21.10.1890
WIE A.T. JONES ES SIEHT
Mit all dem vorangegangenen Beweismaterial scheint es fast überflüssig, weitere Zeugen anzuführen. Wer mit den hier aufgeworfenen Fragen schon zu tun hatte, weiß jedoch, dass es für eine genaue Darstellung dieses wichtigen Abschnittes der Adventgeschichte und seiner wahrheitsgemäßen Bewertung notwendig ist, alle Einblicke zu notieren.
Der Geist der Weissagung lässt keinen Zweifel daran, dass die Botschaft
abgelehnt worden ist. Durch ihn spricht Gott zu seinem Volk, und wir sollten
jede gegenteilige Meinung hierüber korrigieren. Gott muss es am besten wissen,
wie es um die Annahme seiner Botschaft stand.
Nicht nur sprach Gott durch den Propheten, sondern auch durch den von ihm
ernannten Boten. Wenn außer E.G. White jemand wissen sollte, wie die Botschaft
aufgenommen wurde, so ist es der, der sie im Auftrag Gottes zu bringen hatte. Er
verstand, was die Botschaft war und was sie bei ihrer Annahme bezwecken würde.
Auf der General-Konferenz 1893 definiert A.T. Jones unmissverständlich, dass die
Botschaft den Spätregen eingeleitet haben sollte - eine Erkenntnis, die alle
gegenwärtigen Behauptungen, die Botschaft sei angenommen worden, von vornherein
Lügen straft. Heute, viele Jahrzehnte später, warten wir immer noch auf den
Spätregen! Hören wir A.T. Jones, den Verkünder der Botschaft des Spätregens
selber:
"Ihr erinnert euch, als ich neulich aus Joel 2 las, wie einer der Bruder
- es war Bruder Corliss - auf den Rand Text* aufmerksam machte. Ich hatte dann
gesagt, dass wir diesen ein andermal vornehmen würden. Wir wollen nun alle
diesen Text aufschlagen und den Rand Text lesen.
'Freuet euch nun ihr Kinder Zions und seid fröhlich in dem Herrn, eurem
Gott, denn er hat euch den Frühregen gegeben nach rechtem Maß.’ Joel 2,23 "King
James Version”. Was sagt die Rand Note? 'Einen Lehrer der Gerechtigkeit.' Er hat
euch gegeben 'einen Lehrer der Gerechtigkeit'. Wie? 'Gemäß Gerechtigkeit’. Was
wird der Regen sein, wenn er ihn herabsendet? Was war der Frühregen? ’Ein Lehrer
der Gerechtigkeit’. Und was wird der Spätregen sein? ’Ein Lehrer der
Gerechtigkeit’. Wie? ’Gemäß Gerechtigkeit.’ Ist das nicht genau das, was uns das
Zeugnis in jenem Artikel sagt, der uns nun schon einige Male vorgelesen wurde? -
'Der laute Ruf des dritten Engels’, der Spätregen, hat bereits begonnen
’in der Botschaft der Gerechtigkeit Christi.’ Ist das nicht das, was uns
Joel schon damals sagte? Waren unsere Augen nicht gehalten, dass wir es nicht
sahen? Brauchten wir nicht eine Salbung? Brüder, was in aller Welt brauchen wir
mehr als das? Wie froh sollten wir sein, dass Gott den Propheten seinen eigenen
Geist gibt, um uns zu zeigen, was wir nicht sahen! Wie unsagbar froh sollten wir
darüber sein! Nun, der Spätregen - der laute Ruf - ist nach Schrift und Zeugnis
'die Lehre der Gerechtigkeit’, und zwar 'gemäß Gerechtigkeit’.” 1893 GCB 183
Nachdem er so klar gemacht hatte, was die Botschaft war, fuhr er in einem
Atemzuge fort und stellte unter Beweis, dass sie nicht angenommen worden war.
"Nun Brüder, wann begann jene Botschaft der Gerechtigkeit Christi unter uns als
Volk? (Einer oder zwei Fußnote zu Seite 68: A.T. Jones las aus der geläufigen
"King James” Bibel. Die dort in den Randbemerkungen wiedergegebene Übersetzung
ist vom Urtext her gerechtfertigt: "...einen Lehrer der Gerechtigkeit, gemäß
Gerechtigkeit.” unter den Zuhörern: Vor drei oder vier Jahren.) Vor wie viel
Jahren, drei oder vier? (Zuhörer: Vier.) Ja, vier. Wo war es? (Zuhörer:
Minneapolis.) Was verwarfen die Brüder in Minneapolis? (Einige der Zuhörer: Den
lauten Ruf.) Was ist jene Botschaft der Gerechtigkeit? Das Zeugnis hat uns
gesagt, was es ist: der laute Ruf - der Spätregen. Was also verwarfen die Brüder
in der schrecklichen Stellung, in der sie in Minneapolis standen? Sie verwarfen
den Spätregen, den lauten Ruf der dritten Engelsbotschaft. Brüder, ist das nicht
schade? Die Brüder wussten natürlich nicht, was sie taten, aber der Geist Gottes
war zugegen und sagte es ihnen, oder nicht? Doch was geschah, als sie den lauten
Ruf, ’die Lehre der Gerechtigkeit’ verwarfen und als der Geist Gottes durch
seinen Propheten zugegen war und uns sagte, was wir taten? Oh, dann hat man den
Propheten einfach auch noch beiseite getan, mit all dem anderen. Das war das
Nächstliegende. Brüder, es ist an der Zeit, diese Dinge zu bedenken. Es ist an
der Zeit, es nüchtern und genau zu überdenken.” ebd.
Folgende Aussagen gewähren uns einen Einblick, welche Aufnahme die
Botschaft fand.
”Sie entwerfen ganz einfach Richtlinien über Dinge, die sie die Lehre Gottes nennen, und dann glaubst du das und tust dein Bestes; das gilt dann als Rechtfertigung durch Glauben. Ob dieses Bekenntnis nun regelrecht zu Papier kommt, oder ob die Idee irgendeines Menschen durch Abstimmung in einer General-Konferenz geltend gemacht wird, spielt grundsätzlich keine Rolle - das Glaubensbekenntnis ist da, wer es billigt, hat soundso einen Glauben. Es sind hier welche unter uns, die sich an eine Zeit vor vier Jahren erinnern und an einen Ort - Minneapolis -, als drei direkte Anstrengungen gemacht wurden, um mit der dreifachen Engelsbotschaft durch Abstimmung in der General-Konferenz genau so etwas zu verknüpfen. Was ein Mensch glaubt, soll als Grundsatz gelten, dann soll, ob du weißt, was die Grundsätze sind oder nicht, abgestimmt werden bei denselben bleiben zu wollen. Weiter will man Übereinkommen, die Gebote Gottes zu halten und eine Menge anderer Dinge zu tun; und das alles soll als Rechtfertigung durch Glauben gelten.
Wurde uns damals nicht durch den Engel des Herrn gesagt: 'Macht diesen
Schritt nicht, ihr wisst nicht was dahintersteckt.’? 'Ich habe jetzt nicht die
Zeit, euch zu sagen was dahintersteckt, doch der Engel sagte, macht es nicht.’
Das Papsttum steckte dahinter. Das war es, was der Herr versuchte uns
mitzuteilen und erkennen zu lassen. Das Papsttum steckte dahinter. Es war so,
wie es mit jeder anderen Kirche, die sich vom Papsttum trennte, gewesen war.
Eine Zeitlang schritten sie im Glauben vorwärts: dann stellten sie irgendeine
menschliche Idee oder ein Dogma auf, und durch Abstimmung entschlossen sie sich,
bei dieser Sache zu bleiben. Durch Abstimmung legten sie fest, dass das die
Lehre der Gemeinde
und ’der Glaube des Glaubensbekenntnisses’ sei, und das sollte dann durch
ihre eigenen Taten befolgt werden.” A.T. Jones, 1893 GCB 265
"Aber mit sehr vielen von denen, die diese Botschaft der Gerechtigkeit
Christi gehört haben, ist es so, dass sie die Botschaft gemäß ihrer eigenen
Vorstellung darüber, wag Seine Gerechtigkeit ist, annehmen. Doch dann haben sie
die Gerechtigkeit Christi überhaupt nicht... Wer glaubt, er könne die
Gerechtigkeit Christi gemäß seinen eigenen Vorstellungen annehmen, der verfehlt
sie ganz und gar.” ebd. 243
”Der Gedanke, den wir neulich hatten, kommt wieder auf: Als die Botschaft
vor vier Jahren dargebracht wurde - und bis heute wurde sie ohne weiteres von
einigen angenommen. Diese waren froh über die Botschaft, dass Gott eine
Gerechtigkeit hatte, die im Gericht bestehen kann, eine Gerechtigkeit, die vor
Gott gilt und in seiner Sicht annehmbar ist. Diese Gerechtigkeit ist viel
besser, als sie irgendjemand durch jahrelange Bemühungen herstellen könnte.
Einige haben sich fast erschöpft in ihren Bestrebungen, eine Stufe der
Gerechtigkeit zu erlangen, mit der sie in der Zeit der Trübsal bestehen und dem
Heiland bei seinem Kommen in Frieden entgegentreten können. Aber sie konnten
diese Stufe nicht erreichen. Diese waren froh, als sie hörten, dass Gott solch
ein Kleid der Gerechtigkeit für die, dieses glaubten und annahmen, bereit hatte.
Diese Gerechtigkeit genügt, um jetzt, in der Zeit der Plagen, Einige nahmen sie
ohne weiteres freudig an und dankten dem Herrn von ganzem Herzen dafür. Andere
wollten nicht das Geringste damit zu tun haben. Sie verwarfen die ganze Sache.
Andere nahmen eine Zwischenposition ein: sie nahmen die Botschaft nicht völlig
an, aber offen verwerfen wollten sie sie auch nicht. Sie gedachten sich an den
Mittelweg zu halten und, wenn die breite Menge das auch täte, sich mit ihr
treiben zu lassen. Auf diese Weise, meinten sie, könne man die Gerechtigkeit
Christi und die Gerechtigkeit Gottes empfangen. Andere wiederum missbilligten
etwa fünfzig Prozent der Botschaft und nannten das die Gerechtigkeit Gottes.
Seit der Zeit war es immer so, dass sich von der vorbehaltlosen Annahme bis zur
absichtlichen und völligen Ablehnung der Botschaft alle Arten von Kompromissen
befanden. Diejenigen, die die Kompromiss Stellung eingenommen hatten, sind heute
Abend genauso wenig in der Lage, zu beurteilen, was die Gerechtigkeit
Christi ist, wie sie es vor vier Jahren waren. Seit der
Minneapolis-Konferenz habe ich selbst gehört, wie einige dieser Brüder Predigten
und Zitate bejahten, die völlig heidnisch waren, und sie dachten, es sei die
Gerechtigkeit Christi. Ich habe gehört, wie einige derer, die damals offenen
Widerstand leisteten und später mit erhobener Hand gegen die Botschaft
abstimmten, zu Zitaten ’Amen’ sagten, die offen und entschieden päpstlich sind,
wie die päpstliche Kirche sie nicht anders anführen würde. Ich werde in einer
späteren Lektion darauf eingehen und eure Aufmerksamkeit auf die Aussage der
katholischen Kirche und ihre Lehre über Glaubensrechtfertigung lenken. Ich lasse
das für eine spätere Stunde, dann zeige ich euch, was die Lehre der katholischen
Kirche über die Rechtfertigung durch den Glauben ist. ’Wieso’, fragt hier
jemand, ’ich wusste nicht, dass die katholische Kirche an Rechtfertigung durch
den Glauben glaubt’. Oh ja, das tut sie wohl. Das tut sie sehr wohl. Du kannst
es in ihren Büchern nachlesen. Jemand wird sagen: ’ich dachte, sie hätte die
Gerechtigkeit durch Werke’. Das hat sie auch. Und sie hat nichts anderes als
das. Aber sie lässt dies alles als Rechtfertigung durch Glauben gelten. Sie sind
nicht die einzigen in der Welt, die das tun. (Ich meine die Katholiken.) Sie
sind nicht die einzigen, die das tun.” 1893 GCB 243, 244
A.T. Jones hatte viel über die Halbherzigkeit solcher zu sagen, die
Vorgaben, die Botschaft anzunehmen.
”(Ich) kann jetzt nicht einen nennen - außer E.G. White natürlich - der
die Wahrheit auf jener Konferenz 1888 offen annahm. Später jedoch sagten viele,
dass ihnen die Botschaft geholfen hätte. Jemand von Battle Creek sagte nach
einer Stunde von Dr. Waggoner: ’Wir könnten nun ’Amen’ dazu sagen, wenn das
alles wäre, was diese Sache anbetrifft. Aber tief dahinter ist noch etwas
anderes, was noch kommt; und das soll uns dahinbringen, dass wir in der Falle
sitzen, wenn wir dazu ’Amen’ sagen.’ ...So etwas - was verborgen dahinter lag -
gab es gar nicht. So stahlen sie sich selbst das, was ihre Herzen als Wahrheit
erkannten. Indem sie gegen etwas stritten, das nur in ihren Vorstellungen
existierte, verhärtete sich ihr Widerstand gegen etwas, zu dem sie nach eigener
besserer Erkenntnis ’Amen’ hätten sagen sollen.” A.T. Jones, Brief an E.C.
Holmes, 12.5.1921
"Ich weiß, dass dort einige die Botschaft annahmen. Andere verwarfen sie
ganz. Ihr wisst es auch. Andere versuchten zurechtzukommen, indem sie eine
Mittelstellung einnahmen. Doch so kann man die Botschaft nicht empfangen;
Brüder, so nicht. Sie wollten den mittleren Weg gehen. Obwohl sie sie nicht
direkt annahmen und sich nicht festlegten, waren sie bereit, mit dem Strom zu
schwimmen. Sie waren willig, dort hinzugehen, wo die Masse hinging... Brüder,
die Gerechtigkeit Christi muss unserem Herzen näher sein. Jedem von uns muss die
Gerechtigkeit Gottes mehr bedeuten, als einfach nur abzuwägen und sich den
Parteien gegenüber neutral zu verhalten. Sonst wird man die Gerechtigkeit Gottes
nie erkennen.
Andere haben sie scheinbar begünstigt und äußerten sich, solange alles
gut verlief, positiv darüber. Als aber das Feuer dieses Geistes - des Geistes,
der als Verfolgungsgeist bezeichnet wurde - als dieser Geist in seiner
Heftigkeit entbrannte und die Botschaft der Gerechtigkeit durch den Glauben
bekämpfte, da blieben sie nicht tapfer in der Furcht Gottes stehen und bekannten
angesichts des Angriffes nicht: ’Es ist die Wahrheit Gottes, ich glaube es von
ganzem Herzen.’ Nein, sie begannen nachzugeben, drückten ihr Bedauern aus und
brachten Entschuldigungen um derer willen hervor, die die Botschaft predigten,
als ob es lediglich um persönliche Dinge von Menschen ginge... Brüder, die
Wahrheit bedarf keiner Entschuldigung. Der Mann, der die Wahrheit predigt,
braucht keine Entschuldigung... Die Wahrheit Gottes braucht lediglich, dass du
und ich ihr glauben, sie im Herzen aufnehmen und trotz aller Angriffe, die gegen
sie gemacht werden, für sie einstehen. Und lässt es wissen, dass ihr zu den
Boten haltet, die Gott sandte, nicht weil sie gewisse Männer sind, sondern weil
Gott sie mit einer Botschaft gesandt hat.” 1893 GCB 185
Auch die scheinbare Annahme der Botschaft erklärte Jones: ”Als dann die
Zeit der Zeltversammlungen kam, besuchten wir alle drei (Jones, Waggoner und
E.G. White) die Versammlungen mit der Botschaft der Gerechtigkeit durch den
Glauben... Manchmal waren wir alle drei auf derselben Zusammenkunft. Das brachte
die Umkehr beim Volk und anscheinend bei den. meisten der leitenden Männer. Aber
das letztere war nur scheinbar und nie wirklich. Die ganze Zeit ging ein
heimlicher Widerstand im General-Konferenz-Aus- Schuss und bei anderen immer
weiter, behielt schließlich in der Gemeinde die Oberhand und verlieh den Männern
und dem Streitgeist von Minneapolis die Herrschaft.” ebd. 145
1888 war in der Tat eine ernste Prüfung für das Adventvolk. Noch ernster
war es freilich für die Boten selbst und die, die auf ihrer Seite standen. Sie
wussten in aller Gewissheit, dass dieses Volk das Volk Gottes war, dass es die
Verheißung des Spätregens hatte und dass ihre von Gott empfangene Botschaft den
Spätregen einleiten sollte. Würden sie ihre Enttäuschung ertragen können? Ein
Hauch von Wehmut klingt selbst in den gedruckten Worten von Bruder Jones zu uns
herüber: "Keine Seele kann sich die wunderbaren Segnungen erträumen, die Gott in
Minneapolis für uns bereit hatte, Segnungen, deren wir uns nun schon ganze vier
Jahre hätten erfreuen können, wenn Herzen bereit gewesen wären, die von Gott
gesandte Botschaft
anzunehmen. Wir könnten vier Jahre weiter sein. Wir
könnten heute Abend mitten in den Wundern des lauten Rufes selbst sein. Sagte
uns nicht der Geist der Weissagung zu jener Zeit, dass der Segen schon über
unseren Häuptern bereit lag?” ebd. 183
Gottes Kinder von damals konnten es nicht erleben. Sie schlafen in ihren
Gräbern und warten auf eine Generation, die die Demut hat, die Wahrheit über
Minneapolis anzuerkennen, "die Missetat der Väter” zuzugeben und die daraus
entstandenen, bis in unsere Zeit reichenden Fehler und Irrwege zu
begradigen.
Nicht nur der Spätregen war von der Annahme der Botschaft abhängig,
sondern auch das Vorrecht, lebendig verwandelt zu werden, ohne den Tod zu
schmecken. "Das ist es, was diese Botschaft für dich und mich bedeutet -
Verwandlung.” A.T. Jones, ebd. 185
Kann man den durch die Ablehnung der Botschaft entstandenen Verlust - die
Verzögerung der Wiederkunft Christi - ermessen? Noch Jahrzehnte später äußerte
sich ein langjähriger Präsident der General-Konferenz, auf die Zeit von
Minneapolis zurückblickend: "...Wer kann den Schaden ermessen, den die Gemeinde
dadurch erlitten hat, dass so viele diese Botschaft nicht annahmen?” Christus
unsere Gerechtigkeit
ANTIKLIMAX 1893
In letzter Zeit haben etliche Schreiber den Gedanken geäußert, die Erfahrung der Kinder Israel bei Kades-Barnea sei eine Parallele zu Minneapolis. So wie das Volk damals vor den Toren Kanaans stand und sich für den Einzug in das Gelobte Land entscheiden musste, so stand das geistliche Israel 1888 an der Schwelle des himmlischen Kanaans und damit vor der Entscheidung, den Fehler von Kades-Barnea zu wiederholen oder im Glauben und durch Glauben einzuziehen. Die Riesen waren die Sünde. Zwei treue Kundschafter, Waggoner und Jones, brachten die freudige Botschaft, dass man sie durch die Gnade Gottes vollkommen überwinden könne. Das Volk aber zog nicht ein und fiel, dadurch, dass es nicht zu seiner Ruhe von aller Sünde einging, in "dasselbe Beispiel des Unglaubens”. Hebr.4. Die Parallele ist auffallend und nicht zu leugnen.
Diesbezüglich werden wir jedoch noch auf eine unerwartete Wende, den
Antiklimax dieses Geschichtsabschnitts, aufmerksam gemacht. Nachdem das alte
Israel sich gezwungen sah, sein schreckliches Verhalten und die daraus
entstandenen Folgen zu erkennen, zogen sie hinauf auf die Höhe und bekannten:
”Wir haben gesündigt”, um dann sogleich in falscher menschlicher Begeisterung,
ohne die Bundeslade und aus eigener Kraft Kanaan einnehmen zu wollen. Jeder
kennt wohl die Geschichte der darauffolgenden Niederlage. Unsere Parallele dazu
war 1893.
Das Hauptthema der General-Konferenz von 1893 war bewusst oder auch
unbewusst die Botschaft von Minneapolis. Aus den schon angeführten Zitaten
ersehen wir, wie A.T. Jones die Zuhörer überführte, dass die Botschaft abgelehnt
worden war. Allerseits schien man auf dieser Konferenz etwas Bestimmtes zu
erwarten. So Präsident O.A. Olsen während ihres Verlaufs: "Dieser Ort wird wegen
der Gegenwart Gottes immer feierlicher. Ich denke, keiner von uns hat je an
einem solchen Treffen wie diesem hier teilgenommen... Ich fühlte die
Feierlichkeit gestern Abend. Der Ort hier schien mir schrecklich, der Nähe
Gottes und des feierlichen Zeugnisses wegen, das uns vorgetragen wurde.”
Auch A.T. Jones äußerte sich dementsprechend: "Schwester White sagt, dass
wir uns seit der Minneapolis-Konferenz in der Zeit des Spätregens befinden... In
diesen vier Jahren hat Er (Gott) versucht, uns zu bewegen, den Spätregen
anzunehmen; wie lange wird er noch warten, bis wir ihn annehmen? Und die
Tatsache ist, dass etwas geschehen wird... Das ist die Schrecklichkeit der
Situation auf dieser Konferenz; das ist es, was dieser Konferenz diesen
schrecklichen Charakter verleiht. Die Gefahr ist, dass einige, die sich dieser
Sache schon seit vier Jahren, oder auch weniger, widersetzt haben, jetzt nicht
zum Herrn kommen, um es anzunehmen, und indem sie es nicht annehmen, so wie der
Herr es gibt, übergangen werden. Auf dieser Konferenz wird eine Entscheidung von
Gott - in der Tat von uns selbst - getroffen werden.” A.T. Jones, 1893 GCB
377
"Brüder, wir stehen hier auf dieser Konferenz in einer schrecklichen
Position. Es ist einfach schrecklich. Ich sagte es schon zuvor, aber heute Abend
erkenne ich es noch mehr. Ich kann mir nicht helfen, Brüder, ich kann mir nicht
helfen. Wir sind hier in einer schrecklichen Lage. Keine Seele unter uns stellt
sich vor, welches schreckliche Schicksal von diesen Tagen abhängt...” A.T.
Jones, ebd. 346
Und wiederum hören wir den gleichen Gedanken von einem der Hauptredner dieser Konferenz, nämlich Prediger W. W. Prescott.
”Mir kommt nun der ernste Gedanke, dass Gott ungeduldig wird und
nicht mehr viel länger auf dich und mich warten will... Ich komme nicht von dem
Gedanken los, dass dies eine ganz kritische Zeit für uns persönlich ist... Es
scheint mir, dass wir jetzt und hier eine Wahl treffen, von der es abhängt, ob
wir mit dem Werk des lauten Rufs fortfahren und verwandelt werden oder ob wir
durch Satans Pläne verführt und in Dunkelheit gelassen werden... Es scheint mir,
das ist der Punkt, an dem wir stehen. Ich habe dieses Gefühl schon während der
ganzen Konferenz.” ebd. 386
Doch es war gerade W.W. Prescott, der jetzt einen falschen Geist
hereinbrachte, wenngleich er es selbst auch nicht erkannte und es zu der Zeit
vielleicht niemandem bewusst wurde, A.T. Jones eingeschlossen, dessen Sache
Prescott ja zu vertreten schien. Ohne die Notwendigkeit des wahren Bekenntnisses
und einer echten Reue und Abkehr von der Sünde und dem Geist von Minneapolis zu
betonen, drängte er die Brüder (fast ungebührend), den Spätregen jetzt endlich
anzunehmen und einfach zu glauben, den Heiligen Geist in Fülle zu besitzen. -
Das liegt dem Irr pfade der Anmaßung verhängnisvoll nahe und erinnert an die
Kinder Israel, die, nachdem sie Josua und Kaleb der Wahrheit wegen hatten
steinigen wollen, ohne echtes Bekenntnis und wahre Reue zur Besitzergreifung des
verheißenen Landes heraufzogen. W.W. Prescott in seinen Predigten ”Die
Verheißung des Heiligen Geistes”:
"Ich bin äußerst beunruhigt über die Situation. Ich will niemandem
vorschreiben, aber etwas muss getan werden. Irgendetwas anderes muss noch
kommen, als das, was wir bisher auf dieser Konferenz gehabt haben, das steht
fest...” ebd. 387
"Nach nichts sehnt sich meine Seele mehr, als dass die Taufe des Heiligen
Geistes über die gegenwärtigen Gottesdienste komme... Wer diese Erfahrung
wünscht, wird bereit sein, alles Gott zu übergeben, selbst das Leben. (’Amen’
von den Zuhörern.) Und wir sollten bedenken, dass es leichter ist, ’Amen’ zu
sagen, als zu tun, was Gott sagt... Was ist jetzt unsere Pflicht zur
gegenwärtigen Zeit? - Hinauszugehen und der Welt den lauten Ruf der Botschaft zu
bringen! Seit langem wartet der Herr darauf, uns den Heiligen Geist zu geben.
Gerade jetzt wartet er ungeduldig darauf, ihn uns zu verleihen... Jetzt hat ein
Werk begonnen, das größer sein wird als das zu Pfingsten, und es sind solche
hier, die das sehen werden. Hier und jetzt müssen wir für dieses Werk bereit
werden. Keinen Augenblick haben wir zu verlieren, keinen Augenblick zu vertun.”
ebd. 38, 39
”Es ist zwecklos, weiterzumachen wie bisher. Jedem, der jetzt nicht von
der Kraft aus der Höhe durchdrungen hinausgeht, das himmlische Licht tragen und
das vorliegende Werk Gottes tun kann, dem gebe ich den ernsten Rat, zu Hause zu
bleiben. Ich weiß, das ist sehr hart; aber ich sage euch, Brüder, es muss jetzt
etwas für uns kommen, wir müssen von irgendetwas ergriffen werden... Die Frage
ist, was müssen wir tun? Was sollen wir, du und ich, jetzt und hier, auf dieser
Konferenz tun? Abermals sage ich, was werden wir tun? Ich sage, es ist an der
Zeit, jetzt mit diesen Dingen zu beginnen. Keinen Tag haben wir zu verlieren.”
ebd. 67
Die zeitgemäße und richtige biblische Antwort auf diese immer
wiederkehrende Frage Prescotts hätte lauten sollen: ”Tut nun Buße und bekehret
euch, dass eure Sünden vertilgt werden, auf dass da komme die Zeit der
Erquickung.”
Prescotts Aufforderung: ”Wir müssen jetzt etwas tun!” brachte Verwirrung und lenkte von dem Werk ab, das jetzt wirklich zu tun war. Kann man Gott zwingen, "jetzt” den Spätregen zu geben? Prescott entwickelte den Gedanken, man solle einfach nur glauben, dass man den Spätregen habe, und dann habe man ihn tatsächlich! In solchen Dingen, die Gott wirklich verheißen hat, können und sollen seine Kinder ihn allerdings beim Worte nehmen, dies umso mehr, wenn die Bedeutung einer entsprechenden Verheißung genau bekannt ist und die daran geknüpften Bedingungen erfüllt werden. (Z.B.”So wir aber unsere Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und reinigt uns von aller Untugend.”) Doch in diesem Falle war es Gott allein aus dem Grunde nicht möglich, jetzt seiner Verheißung, die Geistesfülle zu verleihen, nachzukommen, weil eine ganz offensichtlich damit verbundene Bedingung nicht erfüllt war. Was hätte getan werden müssen? Wie wir aus den Aussagen des vorherigen Kapitels entnehmen können, war A.T. Jones auf dieser Konferenz, zum ersten Male seit 1888, die Gelegenheit gegeben, vor allen Delegierten die Sünde von Minneapolis, die Verwerfung des Spätregens, vor Augen zu führen.* Buße, Reue, Bekenntnis und Abkehr von dieser Sünde samt den zugrundeliegenden Ursachen war das,
*A.T. Jones konnte sich mit Nachdruck auf die erst kurz zuvor erschienene
Aussage beziehen, dass die Botschaft von 1888 der Anfang des lauten Rufs sei. RH
22.11.1892. Außerdem hatte er gerade einen Brief mit einer ähnlichen Aussage
erhalten: "Vor kurzem erhielt ich einen Brief aus Australien von Bruder Starr.
Ich möchte zwei oder drei Sätze vorlesen. Sie passen gerade in unser Thema:
'Schwester White sagt, dass wir seit der Minneapolis-Konferenz in der Zeit des
Spätregens leben...’”
Was jetzt zu tun war. Und nichts anderes. Nichts hätte Segen Gottes im
Wege stehen können, wenn es geschehen wäre. Es zu verhindern, muss das ganze
derzeitige Bestreben des Feindes gewesen sein. Warnungen davor, aus berufener
Feder waren reichlich vorhanden, paar Tage vor dem Beginn der Konferenz
kamen diese Worte:
Satan ist jetzt dabei, durch seine Einflüsterungen und
Verführungsmacht Menschen von dem Werk der Drei-Engelsbotschaft abzubringen, die
mit großer Macht verkündigt werden soll. Wenn der Feind sieht, dass Gott dabei
ist, sein Volk zu segnen und vorzubereiten, Satans Verführungen zu erkennen,
dann wird er mit meisterhafter Kraft wirken, Fanatismus einerseits oder kalten
Formalismus andererseits hereinzubringen, um eine Seelenernte einzuheimsen. Gebt
acht auf den ersten Schritt des Aufmarsches, den Satan unter uns machen wird. Es
sind Gefahren von links sowohl wie von rechts, vor denen wir auf der Hut sein
müssen. Einige werden von der Lehre der Rechtfertigung nicht den rechten
Gebrauch machen.” E.G. White, RH 24.1.1893
Es ist in dieser Verbindung wichtig zu erkennen, dass die Situation jetzt
ganz anders lag als 1888. Dama1s war es offener Widerstand gegen Waggoner und
Jones, der aber jetzt durch die kompromisslose Wahrheitsverteidigung der
allgemein beglaubigten göttlichen Prophetin bei der Mehrheit gebrochen war. Es
begann nun die Zeit, in der die zuvor Verachteten immer mehr und allzu
menschlich-populär als die Boten Gottes anerkannt wurden. Das war ein Umstand,
der, wenngleich der oberflächliche Beobachter nur Positives darin zu sehen
vermag, der späteren Entwicklung der Sache nicht dienlich war.
Jetzt also, da der Feind mit offenem Widerstand gegen die Botschaft nichts mehr erreichen konnte, galt es auf der Hut zu sein vor dem nächsten Schritt, den Satan von links oder von rechts unternehmen würde. Dass er sich eines Geistes bediente, der die Botschaft bejahte, sich sogar mit ihr identifizierte, nur um ihren eigentlichen Zweck - nämlich das Volk zu echter Reuf* und offenem Bekenntnis und Ablegen der Sünde zu führen - zu vereiteln, das war ein Meisterstück der Täuschung, das von vielen selbst bis auf den heutigen Tag noch nicht durchschaut wurde. Genau zehn Tage vor Ende der General-Konferenz 1893 begann Prescott, ohne die Notwendigkeit des Bekenntnisses der Sünde von Minneapolis betont zu haben, mit aller Bestimmtheit darauf zu pochen, dass die Geistesausgießung in der Fülle jetzt im Glauben erfasst werden müsse.
"Ich sage euch offen, dass ich anfange mich über unser Werk zutiefst
besorgt zu fühlen... Ich werde in keiner Weise zufrieden sein, wenn diese
Konferenz ohne eine größere Geistesausgießung, als wir sie bisher erlebt haben,
zu Ende gehen wird. Ich bin über diese Situation äußerst besorgt, denn die Zeit
verfliegt und die Tage vergehen so rasch einer nach dem andern... Etwas muss
getan werden; irgend etwas anderes als das, was wir bisher auf dieser Konferenz
gehabt haben, muss noch kommen. Das steht fest... Warum sollten wir uns denn
nicht auf dieselbe Weise hineinbegeben. Es verbleiben uns auf dieser Konferenz
nur noch etwa zehn Tage. Nun, Brüder, ist es nicht an der Zeit, mit dieser sache
zu beginnen?... Stehen wir nun nicht in den zehn Tagen dieser Zeit? Sollten wir
nicht jetzt den Herrn suchen wie noch nie zuvor?“ Prescott,1893 GCB
384,386,389
Ich möchte euch sagen, dass hier in diesem Hause Personen sind, die diese
Erfahrungen machen werden. Sie werden durch den Engel des Herrn aus dem
Gefängnis geführt werden, um hinauszugehen und die Botschaft zu verkündigen. Sie
werden Kranke heilen und selbst Tote auferwecken. Das wird aber gerade in dieser
Botschaft geschehen... Wir müssen diese Dinge glauben wie kleine Kinder.”
Prescott, ebd. 386
”Nun aber ist die Beendigung, des Werkes Gottes... Die Gaben werden im
Volke Gottes wieder erscheinen. Gott beabsichtigt nicht, so scheint es mir, dass
diese Gaben auf eine Person hier oder eine andere dort begrenzt seien oder dass
die Offenbarung der besonderen Gaben eine seltene Sache in irgendeiner Gemeinde
sei... die Gabe der Heilung, des Wunderwirkens, der Weissagung oder der
Auslegung der Zungen, all diese Dinge werden sich wieder in der Gemeinde
kundtun.” Prescott, ebd. 461
Das war die Beschreibung des Spätregens, der wohl am Ende der "Zehn
Tage”* kommen sollte. Zeit und Geschichte beweisen, dass er nie kam. Doch
Prescotts ungute Begeisterung war ansteckend. Selbst A.T. Jones ließ sich am
Ende zu ähnlichen Aussagen hinreißen! Das unverrichtete Werk der Buße, der
Erforschung sowie der Beseitigung der Ursachen der Minneapolis-Niederlage blieb
einer späteren Generation überlassen.
Vielsagend ist in diesem Zusammenhang
die Tatsache, dass es gerade Prescott war, der auf dieser Konferenz eine völlig
unbiblische Lehre über Reue und Sündenbekenntnis vertrat. Diese Lehre stand
dabei in direktem Widerspruch zu dem ebenfalls auf dieser Tagung geäußerten
Gedanken von A.T. Jones. Es scheint nur merkwürdig, dass zu der Zeit niemandem,
A.T. Jones
(Eine Anspielung des Redners auf jene Zehn Tage, die der
Ausgießung des Frühregens vorausgingen.)
Wiederum eingeschlossen, dieser Gegensatz aufgefallen ist. Hier eine Gegenüberstellung der beiden Aussagen: Prescott: "Angenommen, wir erkennen überhaupt nicht, was wir zu bekennen hätten, so spielt das in keiner Weise eine Rolle. Wenn Gott sagt, wir seien sündhaft, so müssen wir es bejahen, ob wir es erkennen oder nicht.” ebd. 65
Dagegen Jones: ”Was würde es uns helfen, wenn der Herr unsere Sünden
wegnähme, ohne dass wir es wüssten? Wir würden dann einfach nur Maschinen
werden. Das beabsichtigt Gott nicht. Demzufolge will er, dass du und ich wissen,
wann unsere Sünden entfernt werden, so dass wir wissen, wann die Gerechtigkeit
kommt... Vergesst nicht, dass wir immer seine verständnisvollen Werkzeuge sein
sollen... Der Herr gebraucht uns nach unserer eigenen Entscheidung als
Lebende... ” ebd. 405 "
Doch Prescotts Gedanke war, insbesondere hinsichtlich der noch immer
durch die Sünde von Minneapolis aufgewallten Gefühle, menschlich gesehen
einfacher.
”Ich habe es mir etwa auf diese Weise vorgestellt. Wenn wir einfach alle
Fragen über den anderen aufgeben würden, über Bruder A und Bruder B und darüber,
ob wir sie (die Botschaft) angenommen oder abgelehnt haben, und unser Herumjagen
aufgeben und uns statt dessen in der Einfachheit eines Kindes hierhersetzen
würden... Es scheint mir, es würde eine Freude sein, vor... Personen zu stehen,
die sie (die Botschaft) in ihrem ganzen Leben noch nie gehört haben... Ich kann
mir vorstellen, wie sie sagen würden: 'Ist das nicht gut? Ich will es nun
annehmen.’ Brüder, was hindert uns daran, sie jetzt auf diese Weise anzunehmen?
Nichts.” Prescott, ebd. 388, 389
Natürlich ging es nicht darum, das Verhalten von Bruder A oder Bruder B
während oder nach der Minneapolis-Konferenz zu erforschen. Das ist die Sache
eines jeden einzelnen persönlich. Es ging jedoch um das Verhalten des Volkes als
solchem und um bestimmte Personen, die durch ihr Verhalten einen Einfluss auf
das Volk ausgeübt hatten. Für das Adventvolk und seine Leiter war es jetzt und
unter diesen Umständen völlig unmöglich, die Botschaft in der von Prescott
vorgeschlagenen Weise zu handhaben. Es ist ein riesiger Unterschied, ob jemand
die Botschaft noch nie gehört hat und sie annimmt - oder man sie schon einmal
abgelehnt hat und will sie jetzt annehmen. Für letztere ist der Weg der Reue und
des Bekenntnisses über das Geschehene unerlässlich. Sünde muss beim Namen
genannt werden. Wo sie vertuscht wird, auch wenn es unbewusst geschieht, kann es
nur sein, dass der alte Stolz, in diesem Falle der Gemeindestolz, noch am Leben
ist.
Mit der General-Konferenz von 1893 ging die Minneapolis-Epoche zu Ende
und mit ihr die Möglichkeit einer schnellen Beendigung des Werkes in der Kraft
Gottes für die damalige Generation. Die Brüder selbst hatten es zu der Zeit
erkannt und bezeugt. Die falschen Vorstellungen über einen "durch Glauben”
erzwingbaren Spätregen, der nicht von echter Buße und Herzenszerknirschung über
vergangenes Unrecht begleitet war, stellten sich bald als menschliches
Wunschdenken heraus. Die Erwartung einer bevorstehenden Ausgießung des Geistes
in der Fülle war vorbei. Sie kam auch nicht annähernd jemals wieder so auf, wie
zu der Zeit von 1888 bis 1893. Die eigentliche Botschaft selbst geriet in
Vergessenheit. A.G. Daniells gab das viele Jahre später offen zu. Er schreibt:
”...wie traurig, dass diese herrliche Botschaft mit den Spalten des ’Review and
Herald’ vergessen wurde und so lange begraben lag! Ist es nicht an der Zeit, sie
der Gemeinde erneut klar und nachdrücklich zum Bewusstsein zu bringen, so wie
Esra das vergessene Buch des mosaischen Gesetzes wieder bekannt machte und seine
Anweisungen dem Volke Israel vorlas?” Chr. uns. Ger. 22
”Wie traurig”! Diese besondere Botschaft wurde nicht angenommen. Die Gelegenheit einer schnellen Beendigung des Werkes wurde vertan, der Einzug in das himmlische Kanaan um Jahrzehnte verzögert. Die lange ”Wüstenwanderung”, auf der wir uns seitdem befinden, wurde dann auch tatsächlich vom Geist der Weissagung vorausgesagt:
"Wenn Satan das Gemüt beeinflusst und die Leidenschaften derer schürt,
die vorgeben, der Wahrheit zu glauben, und sie auf diese Weise dazu führt, sich
mit den bösen Mächten zu vereinigen, dann freut er sich sehr. Wenn er sie einmal
dazu bringt, sich auf der falschen Seite festzulegen, sind seine Pläne fertig,
sie auf eine lange Reise zu führen.” Brief an Olsen,1.9.1893
Es mag hier die alte Frage aufkommen, ob nicht der Zeitpunkt der letzten
Ereignisse völlig in Gottes Hand liegt und der Mensch am Ablauf der Dinge doch
nichts ändern könne. Wie hätte sich überhaupt. die ganze Prophetie erfüllen
können, wenn das Ende schon im letzten Jahrhundert gekommen wäre? - Aus Schrift
und Zeugnis geht deutlich hervor, dass wir die Wiederkunft Christi beschleunigen
oder verzögern können.
* Was jeden Adventgläubigen sehr nachdenklich stimmen sollte, ist die
Tatsache, dass gerade in den Jahren unmittelbar nach 1888 die Frage nach
Sonntagsgesetzen in den USA die Gemüter bewegte und dass solche Gesetze dann
auch vom Kongress gebilligt wurden. Der Hauptredner gegen diese Gesetze war, wie
aus verschiedenen Quellen nachweislich zu ersehen ist, A.T. Jones. Gesalbt und
befähigt durch die Botschaft Christus unsere Gerechtigkeit war er derjenige, der
prophetische "Ereignisse von höchst erstaunlicher Bedeutung” in ihrer Erfüllung
erkannte. "Wir wissen, dass Bruder Jones die Botschaft für diese Zeit hat, -
Speise zur rechten Zeit für die hungernde Herde Gottes.... Bruder Jones hat die
Botschaft von Gemeinde zu Gemeinde getragen und von Staat zu Staat. Licht und
Freiheit und die Ausgießung des Geistes Gottes haben das Werk begleitet. Da
Ereignisse von höchst erstaunlicher Bedeutung in der Erfüllung der Prophetie
gezeigt haben, dass die große Krise eilends herannaht, versucht Bruder Jones das
bekenntliche Volk Gottes aus seinem tödlichen Schlaf aufzurütteln, damit sie
einsehen, wie wichtig es ist, die Welt zu warnen.” Melbourne, 9.1.1893
Mit dem Ende der Minneapolis-Epoche starb die Diskussion um die
Sonntagsgesetze wieder ab. Die Prophetie erfüllt sich dann, wenn das Volk Gottes
sich bereitet.
Mögen wir aus unserer Vergangenheit lernen. Mögen wir keinem der Aufrufe
nach Erweckung, die heute wahrhaftig sehr oft zu hören sind, Folge leisten,
solange er nicht begleitet ist von echter Reue, Sündenbekenntnis und einer
Gewissenserforschung betreffs der Vergangenheit des Volkes als Ganzem. Alle
anderen Aufrufe und Bemühungen zu einer Erweckung, wie ernstlich sie auch
gemeint seien oder mit welcher Begeisterung sie aufgenommen werden, können nur
zur Enttäuschung führen. Sie sind eine Wiederholung des alten Fehlers der Kinder
Israel bei Kades-Barnea, als sie zur Besitzergreifung des gelobten Kanaans
hinaufzogen ohne echte Reue und Sündenbekenntnis.
WAS WURDE AUS WAGGONER UND JONES?
Der Widerstand gegen die Botschaft von 1888 entstand scheinbar oft wegen der Boten und nicht so sehr wegen der Botschaft selbst. Aus den zu Anfang angeführten Aussagen des Geistes der Weissagung war jedoch ersichtlich, dass das nur eine Ausrede war. Bezüglich Waggoner und Jones kam die besondere Ermahnung:
"Wenn ihr Christi erwählte Boten verwerft, dann verwerft ihr
Christus selber.” TM 97
Doch die Neigung, eine von Gott gesandte Botschaft zu umgehen, indem man
die Werkzeuge bekrittelt, ist groß. Spuren dieses Geistes von Minneapolis sind
auch in neuerem Schrifttum immer wieder zu erkennen. Hier einige
Beispiele:
"Die Männer, die sich in Minneapolis für die Lehre der
Glaubensrechtfertigung einsetzten, legten ihre Ansichten nicht immer in einer
diskreten, taktvollen Weise dar. Durch diese bedauerliche Situation entwickelte
sich ein Geist des Vorurteils...” N.F. Pease, By Faith Alone 130, 131
Selbst bei vielen, die vorgeben, für die Botschaft zu sprechen, kommt
immer wieder die Versuchung auf, die Schuld für den ”Streitgeist” von
Minneapolis den Boten Gottes zuzuschieben. A.T. Jones, so sagt man, "hatte ein
bedauerliches Benehmen, durch welches die Zuhörer mit gegenteiliger Ansicht in
die Defensive versetzt wurden. Das neigte dazu, die Uneinigkeit zu festigen.”
Movement of Destiny 259
"(Zur Zeit der Minneapolis-Konferenz)...einige neigten stark dazu,
radikale Stellungen einzunehmen, als ob es ein Zeichen der Kraft wäre, extrem zu
sein. E.G. White... schien sogar ein Gefühl zu haben, als ob die beiden
derzeitig so prominenten Männer sich später durch ihre extremen Ansichten
verleiten lassen würden. L.H. Christian, Fruitage of Spiritual Gifts 232
Andere Kommentatoren möchten es so hinstellen, als ob beide Seiten gleich
viel im Unrecht gewesen wären und nur E.G. White festgestanden habe wie ein Fels
und sich in dem ganzen Streit von keiner Seite mitreißen ließ.
"Wenn wir auf die Auseinandersetzung zurückblicken, bemerken wir, dass
die Erbitterung viel mehr durch Persönlichkeiten als durch Glaubensunterschiede
hervorgerufen wurde. Die Gruppe Butler, Smith und Morrison glaubte an die
Theorie der Glaubensrechtfertigung... Die Gruppe Waggoner und Jones glaubte an
die Tätigung guter Werke; doch... sie stützten sich fast ausschließlich auf den
Glauben als Erlösungsfaktum. Eine Gesinnung, die alles zu erwägen bereit ist,
kann diese Ansichten in Einklang bringen. Es war aber keiner geneigt, die andere
Seite ruhig anzuhören.” A.W. Spalding, Captains of the Host 599
Diese falschen Darstellungen werden nun auch durch die Lehrbücher der
Schulen über Gemeindegeschichte bei der Jugend verbreitet:
”Die Auseinandersetzung (1888) hing viel mit persönlichen Dingen und
Gefühlen zusammen... Der in den Reden zum Ausdruck gekommene Unterschied der
beiden Ansichten war hauptsächlich ein Unterschied der Betonung... Jones war
ungehobelt, aber beeindruckend. Er verließ sich sehr auf seine Redegewalt...
Ellen White nahm keine Stellung... Am letzten Tag der Konferenz hatte noch keine
der beiden Seiten eine echte christliche und brüderliche Einstellung... Es war
großenteils ein Streit wegen Personen, der nicht durch unvereinbare
Lehrgegensätze verursacht wurde, sondern durch Selbstsucht, Stolz und
Hartherzigkeit...
Warum konnte E.G. White keine der beiden Seiten befürworten?” The Story of our Church 244-247
Derartige Äußerungen tragen nicht nur dazu bei, das in Minneapolis
Geschehene zu verschleiern, sondern sie sind direkt unwahr und beweisen, wie
sehr die Wurzeln des Widerstandes gegen die Botschaft selbst immer noch
vorhanden sind, ganz davon abgesehen, dass das ein Unrecht gegen Waggoner und
Jones ist, für das wir uns im Gericht verantworten müssen. Wollen wir etwa
behaupten, Gott habe sich ungeheiligte Extremisten und Fanatiker zu Werkzeugen
erwählt? Oder war es sogar die Botschaft selbst, die diese Merkmale gehabt haben
soll? Nein! Es waren die Gegner von Waggoner und Jones, die ”von einem anderen
Geist” bewegt wurden. Für eine Verkennung dieser Tatsache gab es weder damals -
und gibt es heute noch viel weniger - eine Entschuldigung. Dementsprechende
Aussagen sind zur Genüge angeführt worden. E.G. White: "Hier waren Beweise,
woran jeder erkennen konnte, wen der Herr als seine Diener (Waggoner und Jones)
anerkannte.” TM 97
Nun kommt aber etwas hinzu, das den Gegnern in allem, was sie gegen die
Boten vorbrachten, nachträglich recht zu geben scheint. Beide, Waggoner sowohl
wie Jones, blieben in den späteren Jahren nicht fest im Glauben. Der erstere
machte einen großen persönlichen Fehler, sodass er 1902 sein Predigtamt
niederlegen musste. Jones verließ einige Jahre später sogar die Gemeinde. Was
immer ihre Schwierigkeiten gewesen waren, steht es nicht Menschen zu behaupten,
sie seien verloren, denn beide hielten sich bis an ihr Lebensende an die Lehren
der dreifachen Engelsbotschaft. Dennoch war ihr Fall tief genug, um dem Feind
willkommene Argumente zuzuspielen, ”an denen nun einmal wirklich etwas daran
war.” Die Botschaft geriet zwangsläufig in Misskredit. Genau diese Befürchtung
wurde von E.G. White schon Jahre vorher ausgesprochen:
"Einige unserer Brüder... sind voller Eifersucht und bösem
Argwohn, immer bereit zu zeigen, in welcher Weise sie sich von den Brüdern
Waggoner und Jones unterscheiden. Derselbe Geist, der sich in der Vergangenheit
offenbarte, offenbart sich bei jeder Gelegenheit; das kommt nicht vom Geiste
Gottes... Es ist durchaus möglich, dass die Prediger Jones und Waggoner unter
der Versuchung des Feindes fallen; sollten sie fallen, so wäre dies kein Beweis,
dass sie keine Botschaft von Gott gehabt hätten oder dass ihr ganzes Werk ein
Irrtum gewesen wäre. Wie viele würden, wenn das geschähe, diese Stellung
einnehmen, die nichts anderes als ein verhängnisvoller Irrtum ist; denn sie
werden nicht vom Geiste Gottes beherrscht... Sie wandeln in der Blindheit der
Juden. Ich weiß, dass viele genau diese Stellung einnehmen würden, wenn einer
dieser Männer fiele. Es ist mein Gebet, dass diese Männer, denen der Herr die
Last eines solch feierlichen Werkes aufgelegt hat, befähigt sein mögen, der
Posaune einen bestimmten Ton und Gott bei jedem Schritt die Ehre zu geben. Möge
ihr Pfad bei jedem Schritt bis hin zum Ende heller und heller scheinen!” 1892 MS
24
E.G. White hatte viel Grund, solche Worte zu schreiben, nicht, wie man es
gerne wahrhaben möchte, weil Waggoner und Jones etwa wegen extremer Ansichten
vom Kurs abkommen könnten, sondern ganz einfach, weil zu befürchten war, dass
die gegen sie gerichtete böse Feindschaft nicht lange zu ertragen wäre.
"Sie (ihre Gegner) gehen Schritt für Schritt in die falsche
Richtung, bis es für sie keinen anderen Weg mehr zu geben scheint, als zu
glauben, die bitteren Gefühle gegen ihre Brüder bestünden zu Recht. Wird der
Bote des Herrn dem gegen ihn gerichteten Druck standhalten? Wenn ja, dann
deshalb, weil Gott ihn bittet, in Seiner Kraft zu stehen und die Wahrheit zu
verteidigen... Sollten die Boten des Herrn, nachdem sie sich eine Zeitlang
mannhaft für die Wahrheit eingesetzt haben, der Versuchung anheimfallen und dem
Unehre bereiten, der ihnen
ihr Werk aufgetragen hat - wird das ein Beweis
sein, dass die Botschaft nicht wahr war? Nein... Satan jubelt, wenn der Bote
Gottes in Sünde fällt, und die, welche die Botschaft und die Boten verwarfen,
triumphieren. Die schuldigen Männer haben dennoch in keiner Weise eine
Entschuldigung für die Verwerfung der Botschaft Gottes... Mein Herz ist tief
betrübt, wenn ich sehen muss, wie schnell ein Wort oder eine Handlung der Brüder
Jones und Waggoner kritisiert wird.” Brief an Olsen, 1.9.1892
Man muss auch bedenken, dass Waggoner und Jones in der
Verkündigung ihrer besonderen Botschaft jahrelang fast alleine standen: "Wenn
ihr das Zeugnis der letzten zwei Jahre über die Gerechtigkeit Christi auslöschen
könntet, wer wäre dann noch da, der besonderes Licht für das Volk bringt?” RH
13.8.1890
Die beiden jungen Männer hielten eine lange Zeit stand gegen Anfeindung,
Hass, Spott, Hohn, Misstrauen und selbst gegen "genau denselben Geist, der sich
weigerte, Christus anzunehmen.” (E.G. White) Während dieser Zeit konnten sie
sich nicht voll und ganz dem Studium der Botschaft widmen. Die fortwährende
Begegnung mit der Opposition zerrieb ihre ganzen Kräfte.
”Die Opposition in unseren eigenen Reihen hat den Boten Gottes eine
große, seelenprüfende Arbeit auferlegt. Sie mussten gegen Schwierigkeiten und
Hindernisse angehen, die nicht zu sein brauchten... All die Zeit, Überlegung und
Arbeit, die notwendig wurde, um dem Einfluss der Brüder, die der Botschaft
widerstehen, zu begegnen, hat dementsprechend die schnellen Gerichte Gottes über
diese Welt verzögert... Kälte und Misstrauen haben eine Uneinigkeit verursacht,
durch die wir unsere ganzen Kräfte verausgabten... Wir waren in großem Ausmaße
gezwungen, unsere Energie dem Werk des Feindes unter unseren Reihen
entgegenzusetzen. Die Trägheit einiger und die Opposition anderer begrenzten
unsere Kräfte.” Brief an die General-Konferenz 1893
Unter diesen Umständen konnte die Botschaft auch bei den Boten selbst
nicht den Fortschritt machen, der gewiss gekommen wäre, wenn sie diesem
Widerstand nicht hätten begegnen müssen und wenn sie von anderen, vor allem auch
von den erfahrenen Brüdern, im Studium unterstützt worden wären. Dann hätte
nicht nur die Botschaft zugenommen bis hin zum Spätregen, sondern sie selbst
hätten persönlichen Gewinn daraus gezogen. Später, als sie nicht mehr als die
Verachteten und Verfolgten, sondern als anerkannte und sogar berühmte Boten
Gottes dastanden*, wären sie dann gegenüber gewissen Versuchungen bestimmt
besser gewappnet gewesen. Die Ehre, die man der Botschaft selbst, als sie von
geringen Werkzeugen dargelegt wurde, nicht erweisen wollte, zollte man später
den Boten, als sich das Blatt der Gunst für sie gewendet hatte. Das konnte nicht
dazu beitragen, sie charakterlich zu stärken und zu festigen. Es ist so, wie
E.G. White sagte, die Schuld für den Abgang der Boten lag auch „in einem großen
Ausmaße” bei der Opposition.
Eine Frage, die noch zu beantworten bleibt, ist: Warum ließ Gott es zu,
dass der Feind auf diese Weise über die Boten und die Botschaft "triumphieren”
konnte? Ein bekannter Bibeltext gibt uns die Antwort: "Darum sendet ihnen Gott
auch kräftige Irrtümer, dass sie glauben der Lüge, auf dass gerichtet werden
alle, die der Wahrheit nicht geglaubt haben, sondern hatten Lust an der
Ungerechtigkeit.” 2.Thess. 2,11.12
Es ist geweissagt, dass all diese Dinge einmal in ihrer ganzen Tragweite erkannt werden. Was bezweckt Gott damit? Hier sind einige der Grundsätze, die wir heute daraus lernen sollen.
1.Gott erwählt seine Werkzeuge ganz entgegengesetzt menschlicher
Erwartungen.
2.Obwohl die Boten der Wahrheit eine unfehlbare Botschaft tragen, können sie
schwache Menschen sein, an denen Fehler und Mängel zu erkennen sind.
3. Der in der vordersten Reihe kämpfende Diener Gottes hat ein großes
Vorrecht, steht aber in einer großen Gefahr. Der Baum auf dem Berge ist Stürmen
ausgesetzt, die einen Baum im Tal nicht berühren. Das wollen wir bei Waggoner
und Jones demütig berücksichtigen.
4.Es besteht die Neigung, die Botschaft abzulehnen, wenn die Boten in Sünde
fallen. (E.G. White: "Ich weiß, dass viele genau diese Stellung einnehmen
würden.”) Dementsprechend werden entweder die Bücher von Waggoner und Jones
heute nicht gedruckt und gelesen, oder ihrer Botschaft wird keine besondere
Bedeutung beigemessen. - Kernpunkte ihrer Verkündigung wie z.B. über Römer 7,
die Vollkommenheit und die Fleischwerdung Christi werden abgeschwächt und
abgelehnt.
5.Beim Evangelium Gottes geht es nicht um persönliche Dinge, sondern um ewige
Wahrheiten.
Mögen wir aus den Fehlern der Vergangenheit lernen.
1901, KEINE INNERE WENDE
Die letzten uns bekannten Aussagen von E.G. White betreffs der Botschaft von Waggoner und Jones stammen aus der Zeit direkt nach ihrer Rückkehr von Australien im Jahre 1901. In der Zeit vor ihrer Abreise von den USA, etwa zehn Jahre zuvor, waren alle Gemüter wegen der besonderen Botschaft bewegt gewesen. Einige der führenden Gegner hatten zwar bekannt, dass sie zu Unrecht gehandelt hätten, waren jedoch nicht weit genug gegangen. Auf diese Zeit zurückblickend, sagte sie in ihrer Eröffnungsansprache zur General Konferenz von 1901:
”Ich bin besonders an den auf dieser Konferenz zu treffenden Maßnahmen
und Entscheidungen betreffs der Dinge interessiert, die schon vor Jahren hätten
getan werden sollen, besonders vor 10 Jahren, als wir zur Konferenz versammelt
waren und Gottes Geist und Macht unter uns kam und bezeugte, dass er bereit war,
für dieses Volk zu wirken, wenn es sich der Arbeitsordnung unterstellen würde.
Die Brüder pflichteten dem von Gott gegebenen Lichte bei, doch es waren dort
jene von unseren Anstalten, besonders vom Verlag des "Review and Herald” und von
der (General-)Konferenz, die ein Element des Unglaubens hereinbrachten, sodass
man das gegebene Licht nicht in die Tat umsetzte. Es wurde wohl beigepflichtet,
besondere Veränderungen aber, durch welche ein Zustand hätte eintreten können,
der die Offenbarung der Macht Gottes in seinem Volke zuließ, kamen nicht.” 1901
GCB
In einer weiteren Ansprache bezieht sich E.G. White noch einmal direkt
auf das leidige "Minneapolis” selbst.* Doch sie war nicht die einzige Person,
die dies tat. A.G. Daniells und A.T. Jones äußerten sich: "Ich will nicht stille
sein, bis jene Gerechtigkeit - die Gerechtigkeit, über die wir in den letzten
zehn oder zwölf Jahren so viel gesprochen haben - aufgeht wie eine leuchtende
Fackel. Ich kann mir nicht helfen, ich fürchte, dass wir zwar über die
Gerechtigkeit sprechen, sie aber irgendwie nicht so ergreifen, wie wir es tun
könnten und sollten.” ebd. 272
”Vor 13 Jahren sandte Gott in Minneapolis eine Botschaft an sein Volk...
Was ist aus diesem Volk und aus diesem Werk seit jener Zeit geworden? Wieweit
ist die Wahrheit angenommen, d.h. nicht nur gebilligt, sondern tatsächlich
aufgenommen worden? Bei weitem nicht viel, sage ich euch. Denn in den letzten 13
Jahren haben viele das Licht zurückgewiesen und sich dagegen gewandt, und bis
heute noch weisen sie dieses Licht ab und lehnen sich dagegen auf.” A.T. Jones,
18.4.1901 GCB
So viel man sich auch von der Konferenz 1901 versprach, so sehr auch
lobenswerte äußerliche Veränderungen organisatorischer Art erstrebt wurden und
so sehr selbst Gott mit seinen Engeln unter den Delegierten weilte, um sie zu
segnen*, die durch eine vorbehaltlose Annahme der Gerechtigkeitsbotschaft
bedingte innere Erneuerung trat nicht ein:
"Wäre auf der letzten General-Konferenz in Battle Creek ein sorgfältiges
Werk getan worden, wäre dort, wie es Gott wünschte, der brache Boden des Herzens
von den verantwortlichen Brüdern gebrochen worden, wären sie in Herzensdemut zu
einem Werk des Bekenntnisses und der Weihe vorangegangen, hätten sie sich als
solche erwiesen, die die von Gott gesandten Ratschläge und Warnungen zur
Ausmerzung ihrer Fehler angenommen haben, so würde eine der größten Erweckungen
seit Pfingsten stattgefunden haben.” Brief 5.8.1902
Es war so wie 1893. Man wollte schon eine Erweckung und sprach auch viel
davon, doch von einem Sündenbekenntnis war wenig die Rede:
"Welch ein wunderbares Werk könnte für die große Gesellschaft der in
Battle Creek versammelten General Konferenz von 1901 getan worden sein, wenn
sich die Leiter unseres Werkes aufgerafft hätten. Doch das Werk, das der ganze
Himmel zu tun bereit war, geschah nicht, denn die Führer verschlossen und
verriegelten dem Geist den Eintritt. Man ging nicht den ganzen Weg der Übergabe.
Herzen, die von allem Irrtum hätten gereinigt werden können, wurden im Unrecht
bestärkt. Dem himmlischen Strom, der alles Böse hinweggefegt hätte, wurde der
Eingang versperrt. Männer bekannten nicht ihre Sünden.” ebd.
Offenbar war das gute Werk der Reorganisation von 1901 bei weitem noch
nicht mit der von Gott gewünschten geistlichen Erneuerung
gleichzusetzen:
"Das Ergebnis der letzten General-Konferenz ist eine der
größten und schrecklichsten Sorgen meines Lebens gewesen. Keine Veränderung fand
statt.” Brief von Elmshaven, 14.1.1903
"Eines Nachmittags schrieb ich über das Werk, welches auf der letzten
General-Konferenz hätte getan werden können, wenn die Männer in den
Vertrauensstellungen dem Weg und Willen Gottes gefolgt wären. Die, die großes
Licht hatten, sind nicht darin gewandelt. Die Zusammenkunft wurde geschlossen,
ohne dass es zu einem Durchbruch gekommen war. Man demütigte sich nicht vor
Gott, wie man es hätte tun sollen. Der Heilige Geist wurde nicht verliehen... Es
wurden folgende Worte an mich gerichtet: 'Dies hätte sein können. Der ganze
Himmel wartete darauf, sich gnädig zu erweisen.’ Ich dachte daran, wo wir sein
könnten, wenn auf der letzten General-Konferenz ein gründliches Werk getan
worden wäre; und eine quälende Enttäuschung überkam mich, als ich erkannte, dass
das, was ich gesehen hatte, nicht Wirklichkeit war.” 8T 104, 106
In den zehn Jahren der Abwesenheit von E.G. White hatte sich der innere
Zustand des Volkes Gottes, was die Annahme der Gerechtigkeitsbotschaft betrifft,
nicht verändert. Vor ihrer Abreise 1891 war sie wegen der Haltung der Brüder
gegenüber der Botschaft am Ende ihre Kräfte;* schon ein Jahr nach ihrer Rückkehr
schreibt sie erneut fast dieselben Worte:
”Ihr Kurs bringt mich zur
Ratlosigkeit; ich beabsichtige, mich nun meiner besonderen Aufgabe zu widmen,
nicht mehr an ihren Ratsversammlungen teilzunehmen und weder nah noch fern einer
Zeltversammlung beizuwohnen. Ich bin fertig. Ich will meinen von Gott gegebenen
Verstand bewahren.
Meine Stimme ist auf verschiedenen Konferenzen und Zeltversammlungen
gehört worden. Jetzt muss ich es anders machen. Ich kann mich nicht in die
Atmosphäre der Auseinandersetzung begeben und dann Zeugnisse ablegen, die mich
viel mehr kosten, als die, denen sie gelten, sich vorstellen können. Wenn ich
den verschiedenen Versammlungen beiwohne, bin ich gezwungen, mich mit
verantwortlichen Männern auseinanderzusetzen, von denen ich weiß, dass sie
keinen gottgefälligen Einfluss ausüben. Und wenn ich ein Zeugnis betreffs ihrer
Handlungsweise ablege, so wird dies zu ihrem Vorteil ausgenutzt. Diese Männer
sehen nicht klar. Wenn ich das sagen würde, was ich weiß, so würden sie diese
Belehrung in ihrer gegenwärtigen Erfahrung nicht weise anwenden. Dadurch würden
mir unabsehbare Bürden auferlegt.
Darum will ich sie lassen. Sollen sie es von der Bibel hören, da sind die
Grundsätze, nach denen sie arbeiten sollen, klarsten niedergelegt... Ich habe
Mitleid mit ihnen, doch ich kann sie nicht immer auf den Weg der Gerechtigkeit
hinweisen... Das Licht, das ich für unsere Prediger habe, ist: Sucht Gott. Hört
auf mit dem von Satan angestachelten Geflüster und bösen Argwohn, und seht zu,
ob nicht die Liebe Gottes Herz und Seele erfüllen kann. Und ich werde mich
meiner Schreibarbeit widmen. Das ist das Licht, das mir gegeben wurde; ich werde
nicht davon abweichen.” 1902 Brief W 186
In der Gebetstagslesung von 1901 wendet sich E.G. White offen gegen die
Illusion, die derzeitig im Mittelpunkt stehende Reorganisation könne das
Verwerfen der Botschaft von 1888 wettmachen.
"Dies ist die Botschaft für unsere Zeit. Es ist die Botschaft, welche vor
13 Jahren (im Jahre 1888) an unser Volk erging, und sie ist zurückgewiesen, als
ob es keine Botschaft wäre. Aber es ist die Botschaft, selbst wenn manche, die
während dieser Zeit ihre Augen dagegen verschlossen haben, es niemals klar sehen
werden. Wie kann aber das Werk und das Volk aus dem gegenwärtigen, verworrenen
und entmutigenden Zustand herausgebracht werden? Gott muss wirken! Er muss
irgend einem, der willig ist, die Botschaft anzunehmen, die Kraft verleihen
hervorzutreten, um sie mit Klarheit zu verkündigen und den Weg zu zeigen, der
aus der Verwirrung und Finsternis herausführt. Denkt nicht, dass es geschehen
wird durch einfache Veränderung der Pläne, durch einen Wechsel in der Leitung,
durch eine neue Art und Weise, die Dinge anzufassen. Die Veränderung, die
notwendig ist, ist eine völlige Veränderung des Herzens.” Gebetstagslesung
1901
Die schreckliche Ahnung, die E.G. White schon nach der General-Konferenz
von 1893 ausgesprochen hatte, wiederholte sie nun nach der General-Konferenz
1901 und noch bestimmter 1903.
"Vielleicht müssen wir wegen Widersetzlichkeit genau wie die Kinder
Israel noch viele weitere Jahre in dieser Welt bleiben; um Christi willen sollte
sein Volk jedoch nicht Sünde auf Sünde häufen, indem Gott die Folgen ihrer
falschen Handlungsweise angelastet werden.” Brief 7.12.1901
”Die Lehre (aus Israels Wüstenwanderung) gilt für uns. Der Herr hat
seinem Volke den Weg bereitet. Sie waren nahe am verheißenen Land angekommen.
Noch eine kurze Zeit, und sie hätten Kanaan betreten. Sie selbst aber hatten den
Einzug verzögert... Hätten sie ihr Vertrauen auf den Gott Israels gesetzt, dann
hätten sie geradewegs einziehen können. Gott wäre ihnen vorausgegangen... Brüder
und Schwestern, von dem Lichte her, das mir Gott gegeben hat, weiß ich, dass,
wenn Gottes Volk eine lebendige Erfahrung mit Ihm gemacht hätte, es heute schon
im himmlischen Kanaan sein könnte.” 1903 GCB 9
WEITERE ZEUGEN
Die in dieser Schrift aufgezeigte, nunmehr schon über 80 Jahre währende "Wüstenwanderung” des geistlichen Israel ist auch nach dem Stille werden der Prophetin des Öfteren als solche erkannt worden. In all den seither verstrichenen Jahren wurden immer wieder Stimmen laut, die sich nicht scheuten, die Wahrheit über Minneapolis auszusprechen. Leider drangen sie nie bis zum ganzen Volk hindurch, sodass im Gewissen desselben kein Widerhall hervorgerufen werden konnte
A.G. DANIELLS, VIER JAHRZEHNTE DANACH
”Im Jahre 1888 empfing die Gemeinschaft der Siebenten-Tags-Adventisten eine sehr klare Erweckungsbotschaft. Sie wurde damals als 'die Botschaft der Gerechtigkeit durch den Glauben’ bezeichnet. Sie selbst, aber auch die Art, wie sie erschien, machten auf Prediger und Glieder einen tiefen und bleibenden Eindruck, den die seither vergangene Zeit nicht aus dem Gedächtnis auslöschen konnte. Viele, die sie damals hörten, halten sie noch heute fest und in Ehren, ja hegten während all dieser Jahre die feste Überzeugung und freudige Hoffnung, dass diese Botschaft bei uns eines Tages stark in den Vordergrund gerückt würde, damit sie das Reinigung- und Erneuerungswerk in der Gemeinde bewirken könnte, zu dem der Herr sie, wie sie glaubten, gesandt hatte.” Chr. uns. Ger. 15
”In unserer Blindheit und Herzensträgheit sind wir aber weit von diesem
Wege abgekommen. Viele Jahre lang haben wir es versäumt, uns diese göttliche
Wahrheit zu eigen zu machen. Aber während all dieser Zeit rief der Heiland sein
Volk ununterbrochen auf, sich auf diesen wichtigen, grundlegenden Teil des
Evangeliums zu besinnen...” ebd. 4
"Früher oder später werden sie verstanden, angenommen und gewürdigt. Es
bleibt daher zu erwarten, dass die Botschaft der Glaubensgerechtigkeit, die der
Gemeinde im Jahre 1888 so deutlich nahegebracht wurde, am Abschluss der großen
Bewegung, in der wir stehen, doch noch die beherrschende Rolle finden wird, die
ihr zugedacht ist.” ebd. 18
”Aus der Entfernung unserer Tage scheint es, dass diese deutlichen,
ernsten Botschaften einen tieferen Eindruck auf alle Prediger hätten machen
müssen. Man sollte meinen, sie seien genug vorbereitet worden, diese zeitgemäße,
begeisternde Botschaft der Erweckung, der Reformation, des Heils begierig
aufzunehmen... Wer kann sagen, welchen Aufschwung die Gemeinde und die Sache
Gottes genommen hätten, wenn diese Botschaft von der Gerechtigkeit durch den
Glauben damals allgemein voll und ungeteilt aufgenommen wäre? Und wer kann den
Schaden ermessen, den die Gemeinde dadurch erlitten hat, dass viele diese
Botschaft nicht annahmen? Erst die Ewigkeit wird ihn zeigen.” ebd. 27
"Welche mächtige Erweckung zu wirklicher Frömmigkeit, welche Erneuerung des geistlichen Lebens, welche Reinigung von Sünde, welche Geistestaufe, welche Offenbarung göttlicher Kraft zur Beendigung des Werkes in unserem Leben und in der Welt hätte das Volk Gottes erfahren, wenn alle Prediger die Konferenz von Minneapolis so verlassen hätten wie diese treue, gehorsame Dienerin des Herrn!” ebd. 32
”Wie traurig und zutiefst bedauerlich ist es, dass diese Botschaft von der Gerechtigkeit Christi zur Zeit ihres Erscheinens auf den Widerstand solcher Männer stieß, die es mit der Sache Gottes ernst und gut meinten! Nie ist die Botschaft so empfangen, so verkündigt worden, nie hat sie so freie Bahn erhalten, wie es nötig gewesen wäre, um der Gemeinde den unermesslichen Segen zu vermitteln, den sie in sich barg. Wie ernst und gefährlich der Einfluss dieser Männer war, erhellt aus den Mahnungen, die an sie gerichtet wurden. Diese Worte verdienen heute sorgfältig betrachtet zu werden.” ebd. 32
”Oh dass wir doch alle auf die Mahnung und den Aufruf gehört hätten, als
wir sie in anscheinend seltsamer, dennoch eindrucksvoller Weise bei der
Konferenz von 1888 empfingen! Welche Unsicherheit wäre dann behoben, welche
Irrwege, Niederlagen und Verluste wären vermieden worden! Welches Licht, welchen
Segen, welchen Triumph, welchen Fortschritt hätten wir erlangt! Aber dank seiner
Liebe, mit der Gott uns stets umfangt, ist es selbst jetzt noch nicht zu spät,
mit ganzem Herzen auf Mahnung und Aufruf zu antworten und die großen Segnungen
zu empfangen, die uns bereitet sind.” ebd. 47
TAYLOR BUNCH
Dieser nicht unbekannte STA-Lehrer, -Prediger und -Autor bekannte sich in seinem Buch”The Exodus and the Advent Movement in Type and Antitype” (erschienen 1937) offen zu der in dieser Schrift dargelegten Tatsache der Verwerfung der Gerechtigkeitsbotschaft und der „daraus entstandenen langen Verzögerung der letzten Ereignisse. Er fasst diese Gedanken wie folgt zusammen:
"Geradeso, wie sich das alte Israel 'viele Tage’ bei Kades-Barnea
aufhielt, ehe es in die Wüste zurückgeführt wurde, so blieb das Adventvolk
etliche Jahre an der Schwelle des himmlischen Kanaans, ehe die Botschaft, die
sie dorthin geführt hätte, verworfen wurde und aufhörte gepredigt zu werden. Es
ist unmöglich, genau zu sagen, wann die Botschaft aufhörte ihr Werk zu tun und
wann die Adventbewegung in die Wüste zurückgeführt wurde. Mehr als zehn Jahre
wurde die Botschaft der Glaubensgerechtigkeit verkündigt und der Leitung die
Minneapolis-Krise vor Augen gehalten. Diese Botschaft brachte den Anfang des
Spätregens. 'Wir stehen mitten in der Prüfungszeit, denn das laute Rufen des
dritten Engels hat mit der Offenbarung der Gerechtigkeit Christi, des
sündenvergebenden Erlösers, bereits angefangen. Damit beginnt das Licht des
Engels sichtbar zu werden, der die ganze Erde mit seiner Klarheit erfüllen
soll.’ Review and Herald, 22.11.1892.* Warum fiel der Spätregen nicht weiter?
Weil die Botschaft, die ihn brachte, aufhörte gepredigt zu werden. Sie war von
vielen verworfen worden und starb bald in der Erfahrung des Adventvolkes aus und
damit auch der laute Ruf. Er kann nur dann wieder beginnen, wenn die Botschaft,
die ihn brachte, wieder auflebt und angenommen wird.” Seite 107
ERNEST DICK
Ungeachtet seiner besonderen Stellung als General Konferenz-Sekretär tat E. Dick seine Überzeugung betreffs 1888 wie folgt kund:
"Das war die große Frage auf der Minneapolis-General-Konferenz im Jahre
1888, als Gott seinem Volke eine Botschaft und eine Erfahrung zu bringen suchte,
die, wenn sie angenommen und gepredigt worden wäre, den lauten Ruf der dritten
Engelsbotschaft und die Ausgießung seines Geistes zur Beendigung des Werkes in
einem neuen und größeren Maße eingeleitet hätte. Das ist der Kern unserer
Botschaft.” Atlame for God 82
WIELAND UND SHORT
Im Jahre 1950 überreichten zwei STA-Missionare namens Wieland und Short den Beamten der General Konferenz eine 200 Seiten umfassende These über die Bedeutung von Minneapolis in der Geschichte der STA. Ohne Zweifel war das die erste ausführliche Dokumentation über Minneapolis. Mit unbestechlicher Gründlichkeit, unter Bezugnahme auf viel Beweismaterial, wird die Tatsache belegt, dass die Botschaft von 1888 nicht angenommen wurde. Kein Siebenten-Tags-Adventist, der den Namen zu Recht trägt, kann ihr Schriftstück ohne Schmerz lesen. Doch er wird mit heilender Erkenntnis belohnt. - Die tief im Herzen des Adventgläubigen liegende Frage "Warum und wie lange noch verzieht der Bräutigam?” wird darin beantwortet. Wenn die Sünde von Minneapolis erkannt und bereut wird, dann können die letzten Ereignisse beginnen. Der eigentliche Sinn und Beweggrund des Aufsatzes war darum ein Aufruf an die Gemeinde, die Sünde von Minneapolis offen zu bekennen und die Botschaft anzunehmen. Ohne diese besondere Herzensdemütigung und Buße könne nie der Spätregen kommen.
Solch einem Aufruf Folge zu leisten, zeigten sich die
General-Konferenz-Beamten jedoch von vornherein nicht gewillt. In ihrer Antwort
an Wieland und Short Stellten sie sich ganz gegen deren Darlegungen und bürdeten
den beiden Afrika-Missionaren absolute Schweigepflicht auf. Dazu war es
allerdings zu spät. Die These hatte schon einen beträchtlichen Umlauf unter
solchen erfahren, denen die Frage der Verzögerung des Spätregens wichtig war.
Wie völlig unzureichend die Antwort der General-Konferenz war, zeigt die
Tatsache, dass sich der Literarische Ausschuss sieben Jahre später gezwungen
sah, einen zweiten Gegen-Aufsatz herauszubringen. Darin wird, entgegen der
Aussage des Geistes der Weissagung und dem Zeugnis der Geschichte, behauptet:
”Die große Mehrheit der STA- Arbeiter und -Laien nahmen die Darlegungen von
Minneapolis an und empfingen den Segen daraus.”
Hier zeichnete sich schon die spätere Entwicklung ab. Wer beharrlich an
dieser unwahren Behauptung festhielt, war zwangsläufig der Gefahr größerer
Irrtümer ausgesetzt. Eine Unwahrheit bleibt selten allein.
DIE SÜNDEN DER VÄTER
Wieland und Short hatten mehrmals darauf hingewiesen, dass die heutige Gemeinde sich mitschuldig macht, wenn die Sünde von Minneapolis nicht anerkannt und bereut wird. Dieser Standpunkt wurde mit folgenden Worten grundsätzlich abgelehnt:
”Wir glauben nicht, dass es im Plane Gottes steht, dass die Führung der
Bewegung die Fehler der Führung einer vergangenen Generation, ob sie privater
oder öffentlicher Art waren, anerkennen und bekennen soll. Oftmals in den
Tagen Israels gab es Abfall von Gott; mitunter stand es sogar sehr ernst. Doch
der Herr verlangte von der nachfolgenden Generation nicht, dass sie Fehler und
Übertretungen der vorherigen Generation als Vorbedingung zur Erteilung seines
Segens zu bekennen hätte. Gott rief seine Kinder zur Buße für ihre Sünden auf,
und wenn sie mit ganzem Herzen zu ihm kamen, empfing er sie gnädiglich und
erteilte ihnen den reichsten göttlichen Segen...
Wir brauchen nicht zurück nach 1888; das liegt Jahrzehnte zurück und
gehört der Vergangenheit an. Die meisten, die jetzt für Gott arbeiten, haben
diese Zeit nicht mehr erlebt. Wir müssen an heute denken.”
Diese Einstellung
seitens führender Männer der STA versetzt uns in Erstaunen; sie ist völlig
unbiblisch. Es ist eine Tatsache, dass der Herr sehr wohl ein Bekenntnis der
Sünden der Väter verlangt:
”Da werden sie denn bekennen ihre Missetat und ihrer Väter Missetat, dass
sie mir untreu gewesen sind und mir zuwidergehandelt haben. - Darum habe auch
ich ihnen zuwidergehandelt und sie in das Land ihrer Feinde getrieben. - Da wird
sich ja ihr unbeschnittenes Herz demütigen, und dann werden sie die Strafe für
ihre Missetat abtragen. Und ich werde an meinen Bund mit Jakob gedenken und an
meinen Bund mit Isaak und an meinen Bund mit Abraham und werde an das Land
gedenken.” 3.Mose 26,40-42
So stehen sich hier also eine völlig biblische und eine völlig
unbiblische Meinung gegenüber. Die Bibel verlangt, dass wir die Sünden der Väter
bekennen, die Männer der General-Konferenz bestreiten es. Wir wissen, dass
manche, die das lesen, solch einen blinden Glauben an die Leitung haben, dass
sie die Brüder entschuldigen und ihre Stellung einnehmen werden. Doch das ändert
in keiner Weise den Sachverhalt, denn bei Gott ist kein Ansehen der Person.
Tatsache bleibt Tatsache, Wahrheit bleibt Wahrheit.
Dem Befehl Gottes, sowohl die Sünden der Väter als auch die eigenen zu
bekennen, sind demütige Männer Gottes zu allen Zeiten gefolgt, Hiskia, Esra,
Nehemia, Daniel; sie wollten eine Erweckung so wie wir und begannen mit dem
Bekenntnis ihrer und ihrer Väter Sünden. Gott hat geboten, dass es getan werden
soll. Niemals kann er uns die Kraft des Spätregens verleihen, wenn wir die von
ihm selbst festgelegten Bedingungen nicht erfüllen. Doch der Ungehorsame wehrt
sich mit der Frage: ”Wieso kann Gott von uns verlangen, die Sünden der Väter zu
bekennen?” Obwohl Gott uns keine Antwort schuldig ist, ist er bereit, denen eine
Antwort zu geben, die gehorsam sein wollen, denn Gott verlangt nichts
Unnötiges.
Wahres Sündenbekenntnis und die damit verbundene Reue und
Herzensdemütigung setzt immer voraus, dass man die Sünde ablegt und die daraus
entstandenen Fehler wiedergutmacht. Der Grund, warum Gott von uns verlangen
muss, die Sünden der Väter zu bekennen, liegt in der Tatsache, dass ihre Sünden
auch unsere Sünden geworden sind. In ihrer ablehnenden Haltung gegenüber der
göttlichen Botschaft konnten die Väter unmöglich für sich bleiben: "...unser
keiner lebt sich selber...” Röm. 14,7. Ihr Geist und ihre Einstellung ging,
vielleicht unbewusst, aber dennoch tatsächlich auf die Kinder und Kindeskinder
über. Das, was sich durch die Verwerfung jenes Lichtes in ihrem Leben auswirkte,
wurde den Nachkommen übermittelt. In diesem Sinne ist ihre Sünde unsere Sünde
geworden. Zum Ablegen dieser Sünde muss, wie es bei jeder Sünde der Fall ist,
die Ursache behoben werden, ungeachtet dessen, wie lange sie zurückliegen mag.
Ein Bekenntnis der Sünden unserer Väter setzt eine Kenntnis unserer eigenen
Geschichte voraus. Deswegen befiehlt Gott, dass wir sie studieren:
”Es ist heute ebenso wichtig, dass sich die Kinder Gottes vor Augen halten, wie und wann sie geprüft wurden, wo ihr Glaube versagte und wo sie durch Unglauben und Selbstvertrauen sein Werk schädigten... Wenn Gottes Volk so die Vergangenheit überblickt, sollte es erkennen, dass der Herr seine Handlungen immer wiederholt. Wir sollten uns die früher gegebenen Warnungen zu Herzen nehmen und uns davor hüten, die damaligen Fehler zu wiederholen.” 7T 210
Die Frage von Minneapolis geht jeden Adventisten so an, als wäre er dabei
gewesen. Sind wir bereit, diesen Teil unserer Geschichte unvoreingenommen zu
prüfen und das dort begangene Unrecht zuzugeben? Nur dann kann uns der Geist der
Verwerfung, in dem wir durch die Väter erzogen wurden, weggenommen und uns ein
ganz neuer Geist - ein Geist, der uns befähigt, die Botschaft anzunehmen und sie
von einer Rechtfertigung-lehre gefallener Kirchen zu unterscheiden - geschenkt
werden.
Hinzu kommt der Umstand, dass dieselbe Botschaft ein zweites Mal kommt
und ebenso behandelt wird wie 1888. Nur wer aus den Fehlern der Vergangenheit zu
lernen bereit ist, wird heute die richtige Entscheidung treffen können. Aus
folgenden Worten der Prophetin ist ersichtlich, wie die Botschaft bei ihrem
zweiten Kommen aufgenommen würde:
”Da soll in den Gemeinden eine wunderbare Kraft Gottes offenbart werden,
aber sie wird die nicht bewegen, die sich nicht vor dem Herrn gedemütigt und
durch Reue und Bekenntnis ihrer Sünde die Tür ihres Herzens geöffnet haben. In
der Offenbarung dieser Kraft, die die Erde mit der Klarheit Gottes erleuchtet,
werden sie nur etwas sehen, was sie in ihrer Blindheit als gefährlich erachten
und in ihnen Furcht erweckt, und sie werden sich erheben, derselben zu
widerstehen. Weil der Herr nicht nach ihren Erwartungen und Vorstellungen wirkt,
werden sie sich dem Werk widersetzen. 'Wieso’, sagen sie, 'sollen wir, die wir
so viele Jahre im Werke Gottes gewesen sind, den Geist Gottes nicht kennen?’” RH
23.12.1890
"Die dritte Engelsbotschaft wird nicht erkannt werden; das Licht das die ganze Erde mit seiner Klarheit erleuchten wird, wird von denen ein falsches Licht genannt werden, die nicht mit seiner zunehmenden Klarheit Schritt halten. Das Werk, das getan werden könnte, wird bei den Verwerfen der Wahrheit wegen ihres Unglaubens ungetan bleiben.” RH 27.5.1890 Ohne Zweifel ist die Zeit für die Erfüllung dieser Worte gekommen, und manche sind jetzt dabei, den Fehler zu wiederholen oder haben es sogar, ohne es zu wissen, schon getan. Aus folgenden schwerwiegenden Worten A.T. Jones ist erkennbar, dass das zweite Kommen der Botschaft noch überraschender und ungewöhnlicher sein würde als 1888. Wer gewillt ist, aus den Beispielen der Vergangenheit zu lernen, wird sie erkennen:
"Das ist jedoch nur ein Exempel. Es werden Dinge kommen, die für sie noch
überraschender sein werden als das in Minneapolis - überraschender als alles,
was wir bisher gesehen haben. Brüder, es wird von uns verlangt, jene Wahrheit zu
predigen... Sollte jedoch nicht jede Faser dieses Geistes aus deinem und meinem
Herzen entfernt sein, so werden wir jene Botschaft und die Boten, durch die sie
gesandt wird, genau so behandeln, wie wir - gemäß der Aussage Gottes - diese
andere Botschaft behandelt haben.” 1893 GCB 185
Die Sünde der Verwerfung der Botschaft von 1888 durch die Väter hat
Folgen für uns heute, die wir kaum erkennen.
Ist es zum Beispiel nicht
merkwürdig, lieber Leser, dass wir als Adventgläubige mehr oder weniger in der
Vorstellung leben, der Großteil der orthodox protestantischen Kirchen und
Gemeinschaften predige die Lehre von der Glaubensgerechtigkeit, obwohl sie durch
die Verwerfung eines "ewigen Evangeliums” laut Offb. 14, 6-8 schon seit 1844
Babylon sind? Steht nicht der, der die Glaubensgerechtigkeit hat, im Evangelium?
”Wer dem Evangelium glaubt, wird errettet... Gibt es außer dem Evangelium nichts
zu predigen? Der Mensch, der Gottes Gerechtigkeit hat, hat alles...”
(Bibelstudium über den Römerbrief von Waggoner, Seite 1,2.) Jemand mag nicht
jeden Wahrheitspunkt verstehen, er mag noch unerkannte Irrtümer haben - solange
er das Evangelium hat, wird er errettet. Wenn diese Kirchen und Gemeinschaften
tatsächlich die Gerechtigkeit durch den Glauben predigen, sind sie auch Prediger
des Evangeliums. Wie können sie aber dann Babylon sein?
Wer die Botschaft von 1888 erforscht, merkt bald, dass es eine andere
Rechtfertigungslehre ist als die, die überall gepredigt-wird, und dass diese
Lehre des heutigen Protestantismus in der Tat nur eine Fälschung sein kann.
Nicht mehr in der Lage zu sein, die Fälschung als das zu erkennen, was sie
wirklich ist, das ist eine der sich auf uns auswirkenden Folgen der Sünde
unserer Väter, als sie die Botschaft ablehnten.
Folgende Aussagen vergegenwärtigen, wie ernst diese Gefahr heute
tatsächlich zu nehmen ist.
”In den großen Fundamentallehren des Glaubens, der einmal den Heiligen
übergeben wurde, sind wir uns mit unseren christlichen Brüdern der kirchlichen
Gruppen eins.” Qiiestions on Doctrine 32. Bezeichnenderweise wird auf Seite 188,
189 desselben Buches den neuzeitlichen evangelischen Erweckungen Amerikas (”The
National Association of Evangelicals”) zuerkannt, dass sie eine "von Gott
geführte” Erweckung sind, die den Glauben predige, der einmal den Heiligen
übergeben wurde. Demselben Gedanken sind in dem Buch "Movement of Destiny” zwei
Seiten gewidmet (319-321), die besagen, dass andere "Organisationen und Männer
außerhalb der Adventbewegung” die Botschaft von 1888 predigen.
Eine Richtung wiederum drückt es so aus: "Warum wurde nun 1888 die
Botschaft 'Gerechtigkeit durch den Glauben’ dem Adventvolk durch den Geist der
Weissagung gegeben? Wollte der Herr ihnen eine bessere Erkenntnis über Christus
und seine Gnade vermitteln? Ich glaube, dass wir solch eine Botschaft nicht
brauchen, sie wird gern von allen Gemeinschaften und Kirchen gepredigt.”
Sabbatwächter 1.3.1968 (Reformgemeinde)
Im Jahre 1890 wurde dem Adventvolk eine Weissagung über die letzte
Auseinandersetzung mit den gefallenen Kirchen gegeben, in der es heißt:
"Fundamentale Grundsätze werden hervorgebracht und über ihnen entschieden
werden.” 1890 MS la (Siehe "Der letzte Streit”, Seite 7). Diese Zeit ist da.
Fundamentale Grundsätze werden jetzt hervorgebracht: Was ist Evangelium? Wer ist
Babylon? Ist Babylon im Fundamentalen richtig? Ist der Unterschied zwischen
Licht und Finsternis im Grunde gar nicht so groß? Wieso ist die Botschaft
Christus und seine Gerechtigkeit "die dreifache Engelsbotschaft im eigentlichen
Sinne”? Hat Babylon den eigentlichen Sinn der dreifachen Engelsbotschaft?
Auf diesem Gebiet liegt heute die Prüfung. Unsere Entscheidung bezüglich
solcher fundamentaler Grundsätze wird nur dann positiv ausfallen, wenn wir
persönlich den falschen Christus vom wahren Christus, die falsche
Glaubensgerechtigkeit von der wahren Glaubensgerechtigkeit unterscheiden können,
was nur dann der Fall sein wird, wenn wir die wahre, von Sünde befreiende
Botschaft kennengelernt und an uns selbst erfahren haben. Doch wir können sie
nicht kennenlernen und darum auch nicht erfahren, wenn wir in unserer
laodizeanischen Blindheit verharren und sagen, wir hätten sie immer schon
gehabt. Wir werden es aber als ein Volk auf irgendeine Weise solange sagen und
meinen, wie wir nicht willig sind, die traurige Bedeutung von Minneapolis in
unserer Geschichte und die damalige Verwerfung der Gerechtigkeitsbotschaft zu
erkennen und zuzugeben. Und solange wir das nicht tun, werden wir weiterhin
behaupten, das Volk der dreifachen Engelsbotschaft unterscheide sich nicht in
den großen Fundamentallehren, sondern in Nebenfragen von den anderen
Gemeinschaften. Dann sind wir "nicht fähig, das edle Erz von der Schlacke zu
unterscheiden” und "werden den großen Führer des Abfalls nehmen und ihn Christus
unsere Gerechtigkeit heißen.” Leaflet Series, Nr. 3, Apostasies
Hier schließt sich der Kreis. Das sind die Folgen der Sünde von
Minneapolis für uns. Das ist das falsche Geleise, auf das wir kommen, wenn wir
sie nicht bekennen und ablegen. Das ist das Ziel jener "langen Reise”, auf die
uns Satan führen wollte.
In der Gnade Gottes können wir zu denen gehören, die
durch Umkehr und Buße davor bewahrt werden und die Botschaft heute, bei ihrem
zweiten Kommen erkennen können.
KRÄFTIGE IRRTÜMER
Die General-Konferenz von 1888 war die bedeutendste in der Geschichte der Gemeinde. (L.E. Froom) Warum aber hat das gewöhnliche Gemeindeglied all die Jahre hindurch so wenig darüber erfahren? Weil es uns unangenehm war. Ein Zeitgenosse der Prediger Waggoner und Jones drückte es auf folgende Weise aus: "Einige mögen sich geplagt fühlen wegen des Gedankens, dass man sich auf Minneapolis bezieht. Ich weiß, dass einige über jede Erwähnung dieser Konferenz und der Situation dort bedrückt sind und sich geplagt fühlen. Es sollte aber bedacht werden, dass der Grund für solche Gefühle ein unnachgiebiger Geist der Person selbst ist. Sobald wir uns völlig aufgeben und unsere Herzen vor Gott demütigen, ist die ganze Schwierigkeit fort. Allein der Gedanke, dass sich jemand geplagt fühlt, zeigt sofort den Samen des Aufruhrs im Herzen.” Olsen, 1893 GCB 188
In einem 1971 beim "Review and Herald” erschienenen Buch (Movement of
Destiny) des bekannten Schreibers L.E. Froom bemüht man sich, dieses peinliche
Kapitel unserer Geschichte ein für alle Mal zu bewältigen. Das 700 Seiten
umfassende Werk will darlegen, dass die Botschaft von 1888 angenommen wurde und
heute unangefochten und allgemein verkündigt wird. In den Jahren vor 1888 sei
die Botschaft mehr oder weniger in Vergessenheit geraten, doch dann, 1888, sei
der große Wendepunkt gekommen. Zwar hätte eine kleine Minderheit
verantwortlicher Brüder der Botschaft eine Zeitlang widerstanden, doch die
daraus entstandene Krise sei, nachdem diese Männer Bekenntnisse abgelegt hatten,
bald überwunden worden. Die Botschaft habe trotz zeitweiliger Schwierigkeiten
immer Fortschritte gemacht und sei heute ein fester, unwiderruflicher Teil des
Glaubensbekenntnisses. Demnach braucht sich über Minneapolis niemand mehr
bedrückt fühlen. In der Entwicklung der letzten Jahre (speziell seit 1957) sieht
der Autor einen ganz besonderen Aufschwung. Er legt dem Leser auf fast
überzeugende Weise nahe, dass wir jetzt "mehr Christus” hätten als je zuvor in
unserer Geschichte. Der Spätregen könne somit nicht mehr lange auf sich warten
lassen.
Dieses Konzept steht nicht nur im Widerspruch mit den vielen in dieser
Broschüre angeführten Aussagen, sondern auch mit dem tatsächlichen heutigen
Zustand der Gemeinde Laodizea. Die demütigende Wahrheit über Minneapolis ist es
nicht.
Der Grund, warum "Movement of Destiny”, mehr als andere in den letzten
Jahren erschienene Abhandlungen über Minneapolis, einen sehr plausiblen Anschein
erweckt, liegt an einer Akzentverlagerung besonderer Art. Froom sieht in der
Botschaft etwas anderes, als das, was sie wirklich ist. Er sieht in ihr etwas,
das heute tatsächlich voll und ganz angenommen und weltweit gepredigt wird,
nämlich die Lehre, dass Christus völlig Gott sei und sündloses Fleisch gehabt
habe. Zu Hilfe kommt ihm dabei der Umstand, dass in der Zeit vor 1888 zwei oder
drei führende Brüder, zu denen auch Uriah Smith gehörte, der ja bekanntlich
einer der Hauptgegner der Minneapolis-Botschaft war, den arianischen Irrtum
vertraten, Christus sei nicht völlig Gott gewesen. Um diesen Irrtum zu
korrigieren, behauptet Froom, habe Gott 1888 die Botschaft gesandt, die im
eigentlichen Sinne nichts anderes sei, als die große Wahrheit der völligen
Gottheit Christi und, in enger Verbindung damit, die Sündlosigkeit des Fleisches
Christi.
Diese Botschaft sei es also gewesen, die den Widerstand einiger Brüder
entfacht habe. Später sei sie jedoch immer mehr angenommen worden, und heute sei
alles in Ordnung. Die Gemeinde stehe jetzt "unwiderruflich” in der Wahrheit des
Evangeliums, dass Christus völlig Gott ist.
Was sollen wir dazu sagen? Keiner von uns wird je an der völligen
Gottheit Christi Zweifel haben. Nie waren wir - Froom gibt es an anderer Stelle
zu - eine arianische Gemeinde. Nur einzelne waren es, die in diesem Punkte
falsch standen. Warum aber müsste dann die Botschaft von 1888 mit solch großer
Betonung an die ganze Gemeinde ergehen, und warum wurde sie dann nicht von der
Mehrheit begrüßt? Die eigentliche Frage ist jedoch, ob Christus dasselbe
sündliche Fleisch besaß wie der Mensch. Christus könne ja nicht völlig Gott
gewesen sein und trotzdem sündliches Fleisch gehabt haben. Deswegen verbindet
"Movement of Destiny” die Wahrheit der Gottheit Christi mit dem Irrtum vom
sündlosen Fleisch Christi und stellt das als den Kern der Botschaft von
Minneapolis hin.
Das Dogma vom sündlosen Fleisch Christi ist nicht nur irgendeine, sondern
die Irrlehre des Katholizismus und heutigen Protestantismus. Sie ist das Merkmal
des Antichristen. (l.Joh. 4,1-3; Röm. 8,3) Sollten Waggoner und Jones so etwas
gelehrt haben? Genau das Gegenteil ist wahr, beide lehrten unmissverständlich,
dass Christus nicht sündloses, sondern sündliches Fleisch hatte!*
Dem Betrachter ergibt sich nun folgendes Bild. Das von ”60 unserer
fähigsten Gelehrten bearbeitete” und vom Präsidenten der General-Konferenz aufs
wärmste empfohlene Buch sieht als den Kern und damit den eigentlichen Sinn der
Botschaft von 1888 die, wie Froom
*Schriftmaterial erhältlich sagt, "ewigen Wahrhaftigkeiten”; diese sind,
so führt er wieder und wieder an, die völlige Gottheit Christi, die
Sündlosigkeit des Fleisches Christi, die völlige Versöhnung am Kreuz und die
Dreieinigkeit Gottes. Das sei, so behauptet Froom, die Botschaft, die seitens
einiger Brüder Widerstand hervorgerufen habe, später aber voll und ganz
angenommen worden sei.
Da es "Movement of Destiny” scheinbar gelingt, jene "ewigen
Wahrhaftigkeiten” als den eigentlichen Sinn der Botschaft von 1888 hinzustellen,
sieht es tatsächlich so aus, als ob sie heute überall bejaht und gepredigt
würde. Hier muss, bei aller Höflichkeit, ein ganz offenes Wort gesprochen
werden. Diese Gedanken sind "kräftige Irrtümer”, die heute denen geschickt
werden, die nicht die Wahrheit über Minneapolis lieben.
Die von "Movement of Destiny” dargelegte Anschauung, einmal ganz davon
abgesehen, dass sie jenen verheerenden Irrtum über die Natur Christi enthält,
stimmt schon im gesamten nicht mit dem, was der Geist der Weissagung unter der
Botschaft versteht, überein.
"Einige fragten brieflich bei mir an, ob die Botschaft der Rechtfertigung
durch den Glauben die dreifache Engelsbotschaft sei. Ich antwortete: Es ist die
dreifache Engelsbotschaft im eigentlichen Sinne.’” RH 1.4.1890, Chr. uns. Ger.
43
Die Botschaft von 1888 ist die dreifache Engelsbotschaft im eigentlichen
Sinne und nichts anderes. Jeder, der einmal das Kapitel ”Die letzte Warnung”*
gelesen hat, wird wissen, dass die dreifache Engelsbotschaft während des lauten
Rufs, zu einem Zeitpunkt also, wann sie wirklich in ihrem eigentlichen Sinn
gepredigt werden wird, erbitterte Feindschaft und Verfolgung bei den Kirchen und
Gemeinschaften hervorruft. Dann wiederum wird die dreifache Engelsbotschaft mit
einem Spaltbeil verglichen, das uns von den Kirchen und der Welt
trennt.
"Durch das mächtige Spaltbeil der Wahrheit, nämlich die Botschaften
des ersten und zweiten und dritten Engels, hat Er sie (seine Gemeinde) von den
Kirchen und der Welt getrennt, um sie in seine heilige Nähe zu bringen.” 5T
455
Wenn die Botschaft von 1888 der eigentliche Sinn der dreifachen
Engelsbotschaft ist, muss sie und wird sie bei den gefallenen Kirchen den Effekt
haben, der hier vom Geist der Weissagung beschrieben wird. Hat sie ihn nicht, so
kann es sich nicht um die echte Botschaft handeln. Je klarer die dreifache
Engelsbotschaft verkündigt wird, desto mehr wird sie den Zorn Satans und der mit
ihm verbundenen Kirchen erwecken. Wenn im lauten Ruf ihr eigentlicher Sinn
mächtiglich verkündigt wird, kommt Verfolgung.
Aus all dem ist deutlich erkennbar, dass die in "Movement of Destiny”
aufgezeigten "Wahrhaftigkeiten” nicht der eigentliche Sinn der dreifachen
Engelsbotschaft sind und damit auch nicht die Botschaft von 1888 sein können.
Babylon glaubt ja, dass Christus völlig Gott ist. Sie glaubt von ganzem Herzen
den Irrtum, dass Christus sündloses Fleisch gehabt habe. "Wie hätte er sonst mit
der Sünde fertig werden und die Gebote Gottes halten können?” Jede einzelne
dieser "Wahrhaftigkeiten” wird von den gefallenen Kirchen bejaht und sogar
begrüßt. Sie sind nicht das "Spaltbeil”, die dreifache
Das Weib in Offb. 17 hat einen goldenen Becher (nach außen hin Wahrheit) voller Gräuel (innen verheerende Irrlehren), mit dem sie die Menschen trunken macht. Babylon hat tatsächlich auch Wahrheiten. denn sonst könnte sie nicht verführen.
Engelsbotschaft. Die Tatsache, dass man die Gottheit Christi anerkennt,
ist somit kein Beweis, dass die Botschaft von 1888 angenommen wurde. Die
Tatsache, dass man die Lehre von einem sündlosen Fleisch Christi vertritt, zeigt
nur, wie weit man tatsächlich vom wahren Evangelium abgekommen ist.
Die Botschaft von Minneapolis ist "Christus unsere Gerechtigkeit”. Jemand
mag hier einwerfen: Das predigen doch die anderen Kirchen auch, wo liegt denn da
das "Spaltbeil”, wenn die Botschaft "Christus unsere Gerechtigkeit” der
eigentliche Sinn der dreifachen Engelsbotschaft sein ‘soll? Insofern wäre es
nicht anders als mit Frooms "Wahrhaftigkeiten”.
Die Antwort ist, dass
dieselben Kirchen, die den "Wahrhaftigkeiten” voll und ganz zustimmen, die echte
Gerechtigkeitsbotschaft voll und ganz ablehnen. Es handelt sich nämlich nicht um
die, die heute weitläufig unter dem gleichen Namen in allen Kirchen bekannt ist.
Die wahre Gerechtigkeitsbotschaft ist eine ganz andere und kommt aus einem ganz
anderen Geist. Sie richtet das Gesetz auf, gegen das diese Kirchen erbittert
kämpfen. Sie richtet es auf, nicht nach dem üblichen alten Buchstabengeist,
sondern im Herzen und Leben des Menschen, so dass man es wirklich selbst unter
den stärksten Versuchungen halten kann.
Lieber Leser, es ist möglich, dass dir diese Botschaft nicht bekannt ist,
denn wir haben gesündigt - wir und "unsere Väter” haben sie verworfen. Uns ist
gesagt: "Unter hundert gibt es nicht einen, der für seine Person die biblische
Wahrheit über dieses Thema (Rechtfertigung durch Glauben) versteht." Nach ihrem
Erscheinen 1888 bis 1893 geriet sie in Vergessenheit. „Wie traurig, dass diese
herrliche Botschaft mit den Spalten des 'Review and Herald’ vergessen wurde und
so lange begraben lag.”
Doch dabei ist es nicht geblieben. In seiner großen Gnade sandte der Herr
diese höchst kostbare Botschaft ein zweites Mal - heute, für unsere Zeit. Wenn
es auch nicht im Rahmen dieses Buches lag, die Botschaft von Minneapolis als
solche darzulegen, so mag es doch dazu gedient haben, jenen Hunger nach der
Wahrheit zu wecken, der ihrer eigentlichen Aufnahme vorausgehen muss, und auf
das neuerliche Vorhandensein derselben aufmerksam zu machen. Die Botschaft ist
wiedergekommen, und darum ergeht an uns das Wort: Ihr Männer von Israel, Jesus
von Nazareth, den ihr gekreuzigt habt, der ist auferstanden!